Das Leben des Tenzin Gyatso


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Der folgende Text über das Leben des Dalai Lama gliedert sich in sechs Abschnitte:
 



Kindheit und Entdeckung

Jetsun Jamphel Ngawang Lobsang Yeshe Tenzin Gyatso, kurz Tenzin Gyatso, ist der 14. Dalai Lama. Er wurde als Bauernsohn Lhamo Dhondrub von Dekyi Tsering und Chökyong Tsering am 6. Juli 1935 in Taktser, einem Dorf in der tibetischen Provinz Amdo, geboren.


Lhamo Dhondrub besitzt sechs Geschwister, zwei Schwestern, Tsering Dölma und Jetsun Pema, sowie vier Brüder, Thubten Jigme Norbu, Gyalo Thöndrup, Lobsang Samten und Tenzin Chögyal. Tsering Dölma und Lobsang Samten sind bereits verstorben.

Bereits mit zwei Jahren wurde er auf Grund von Prophezeiungen und verschiedenen Wundern (so konnte er verschiedene, dem 13. Dalai Lama gehörende Gegenstände identifizieren) als 14. Reinkarnation des Dalai Lama entdeckt und 1939 von der tibetischen Regierung anerkannt.

Dadurch erfuhren auch seine Eltern eine Rangerhöhung. Mit 4 Jahren wurde er nach Lhasa gebracht und bekam einen neuen Namen: Jetsun Jamphel Ngawang Lobsang Yeshe Tenzin Gyatso. Am 22.02.1940 bestieg er mit 4 ½ Jahren Sengtri, den Löwenthron.

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Kindheit als Dalai Lama

Er wurde von da an in verschiedenen Klöstern unterrichtet und erzogen und sah seine Familie nur noch selten.

Die ersten Jahre verbrachte er noch mit seinem Bruder Lobsang Samten zusammen - nach eigener Aussage seine glücklichste Zeit. Mit acht Jahren wurde Lobsang Samten auf eine Privatschule geschickt und Tenzin Gyatso war nun völlig von seiner Familie getrennt.


Er verbrachte die folgenden einsamen Jahre meditierend, betend und lernend abwechselnd im Potala Palast (Winter), der gleichzeitig Palast und Regierungssitz war, und in Norbulingka (Sommer). Ab 20 Jahren blieb er das ganze Jahr über dort.

Besonders wichtig für ihn wie für jeden buddhistischen Mönch war es, sich in buddhistischer Philosophie und Logik in Disputationen zu bewähren.

Einmal jährlich kam er mit dem Staatsorakel zusammen, einmal jährlich musste er sich auch am heiligsten Ort Tibets, im Jokhang-Tempel, der gefürchteten vierstündigen Pujazeremonie unterziehen, in der seine Kenntnisse überprüft wurden.

Mit 25 Jahren war seine Ausbildung durch verschiedene Tutoren abgeschlossen. Er schloss mit der buddhistischen Doktorwürde, der "Geshe" ab.


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China-Konflikt

Am ersten Jahrestag der kommunistischen Machtübernahme in China, am 1. Oktober 1950, rief China die „friedliche Befreiung Tibets“ aus (vgl. 17-Punkte-Abkommen und Status von Tibet seit 1912), das allerdings noch nie zu China gehört hatte.

Am 9. September 1951 marschierten die Chinesen in Lhasa, der Hauptstadt Tibets, ein, und so wurde Tenzin Gyatso mit 15 Jahren schon inthronisiert und musste sich mit der schwierigen Situation auseinander setzen.

Von Anfang an war ihm bewusst, dass er den Konflikt nur friedlich lösen konnte. Tibet verfügte zu diesem Zeitpunkt über eine geringe Zahl an Militärkräften, was auch kulturell bedingt ist - laut dem Dalai Lama hatten Soldaten in Tibet das gleiche schlechte Image wie Metzger -, und so konnte sich Tibet nicht gegen die Übermacht Chinas wehren.


Bild: Übersicht über die Regionen in Tibet

[Übersicht über die Regionen in Tibet aus http://de.wikipedia.org/wiki/Amdo]

 

Bild: Potala Palast in Tibet

[Potala Palast, Foto entnommen aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Potala-Palast]

 

Bild: Park von Norbulingka

[Park von Norbulingka, Foto entnommen aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Norbulingka]

 

Manche meinen, Dalai Lama bedeute "Ozean des Wissens". Der Dalai Lama erklärt in seiner Autobiographie, dass "Dalai" soviel wie "Ozean" bedeute. Es sei ein mongolisches Wort. Das tibetische Wort "Lama" bedeute "Lehrer" oder "Meister". Daher werde Dalai Lama oft mit "Ozean der Weisheit" übersetzt.

Der Dalai Lama meint jedoch, dass dieser Titel auf einem Missverständnis beruhe: "Dalai" sei die Übersetzung des zweiten Teils des Namens des III. Dalai Lama, der Sönam Gyatso hieß, gewesen, und "Gyatso" heiße auf tibetisch "Ozean".

Was auch noch zum Missverständnis beitrage, sei die chinesische Übersetzung des Wortes "Lama" mit "huofo". "Huofo" bedeute unter anderem auch "lebender Buddha". Solche eine Übersetzung sei falsch, denn so etwas gebe es im tibetischen Buddhismus gar nicht.

Der tibetische Buddhismus kennt nur bestimmte Wesen, zu denen auch der Dalai Lama gehört, die die Art ihrer Wiedergeburt vorherbestimmen können, was auf tibetisch "Tülku" (Inkarnation) genannt werde.

 

Ein Appell an die Vereinten Nationen war wirkungslos, da Tibet dort nicht Mitglied war. So versuchte der Dalai Lama auf diplomatischem Weg, die Chinesen davon zu überzeugen, dass Tibet nicht befreit werden müsse, da es seit 1912 unabhängig war und es auch keine imperialistischen Kräfte in Tibet gab.

Seitdem versucht er permanent, einen Dialog zwischen den Kulturen herzustellen. Es geht ihm vorrangig darum, Toleranz und Gewaltfreiheit zu vermitteln. Seine besondere Betonung der Gewaltfreiheit trotz jahrelanger Repressionen seitens von China macht ihn zu einem Vorbild für unsere Zeit. Sein Bekanntheidsgrad ist sehr hoch, er reist unermüdlich durch die Welt, um auf die Situation Tibets aufmerksam zu machen. Seine Worte und Schriften werden häufig zitiert
, auch und gerade im Kontext von Friedensbewegungen.

1952 kam es zu einer Waffenruhe. 1954 traf der Dalai Lama mit Mao Tsetung, den er inspirierend fand, und anderen hohen Funktionären und Regierungsmitgliedern in Peking zusammen. Auch der Marxismus beeindruckte ihn und er war der Meinung, dieser ließe sich mit dem Buddhismus vereinbaren. Er lernte chinesisch und machte eine ausgedehnte Chinareise. Anfang 1955 kehrte der Dalai Lama nach Tibet zurück. 1956 schlug China eine tibetische Befreiungsbewegung brutal
nieder, Klöster wurden zerstört, Nonnen und Mönche gefoltert und ermordet. Der Dalai Lama entschloss sich, nach Indien ins Exil zu gehen. Tibet ist seit 1959 ein Teil Chinas. Offiziell lautet die Bezeichnung „Autonome Region Tibet“.

In der Praxis existiert
keine Autonomie. Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Aus diesem Grund versucht der Dalai Lama, aus dem Exil heraus und mit internationaler Unterstützung das Leid der Tibeter unter der chinesischen Herrschaft zu mildern (zum Konflikt zwischen China und Tibet siehe auch den Abschnitt Hintergrund).

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Tibet im Exil

In der Hoffnung auf ein zukünftiges freies Tibet arbeitet der Dalai Lama auch an demokratischen Strukturen für diesen projektierten Staat. Zusammen mit der Exilregierung erarbeitete er eine demokratische Verfassung, die er am 10. März 1963 vorstellte. Diese wurde leider weder von China noch von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt.

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Tagesablauf eines Dalai Lama

Der Tag eines Dalai Lamas ist genau festgelegt und verläuft nach bestimmen Regeln. Als Kind hatte der Dalai Lama in Potala und Norbulingka folgenden Ablauf:

  • 6 Uhr aufstehen.
  • Eine Stunde lang meditieren und beten.
  • Kurz nach 7 Uhr Frühstück (Tee und Tsampa mit Hinig oder gebranntem Zucker).
  • Erste Morgenlektion mit Kenrap Tenzin (Lesen, Schreiben lernen, buddhistische Texte auswendig lernen).
  • 10 Uhr: Unterbrechung, Sitzung für Regierungsmitglieder.
  • Mit dem zweiten Tutor Fortsetzung des Unterrichts bis Mittag.
  • 12 Uhr spielen.
  • Mittagessen.
  • Ausbildung fortgesetzt mit dem zweiten Tutor: Allgemeinbildung.
  • Der Tutor vermittelt ihm die Regeln für die philosophische Disputation.
  • 4 Uhr: Tee.
  • Danach Diskussion abstrakter Themen mit den Tutoren.
  • 17.30 Uhr: Ende des Unterrichts.
  • 19 Uhr : Abendessen.
  • Im Hof Texte und Gebete aufsagen.
  • 9 Uhr: Schlafengehen.

    Besondere Kennzeichen seines jetzigen Tageslablaufs sind:

  • Der Dalai Lama steht bereits um 3.30 h auf und meditiert
  • Er nimmt nur bis 12 Uhr feste Nahrung zu sich.

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Hofstaat um den Dalai Lama

Der Dalai Lama hat einen großen Hofstaat um sich versammelt. In seinem Buch beschreibt er dies so:

„Und jedesmal, wenn ich den Potala, die großartige Winterresidenz der Dalai Lama mit ihren über tausend Räumen, verließ, um in die Sommerresidenz zu übersiedeln, begleitete mich eine Prozession von Hunderten von Menschen. An der Spitze des Zuges ritt ein Trupp Tatara in ihren typischen bunten Kostümen und mit Fahnen in der Hand. Dahinter folgten meine Träger mit meinem Gepäck, (…) [d]ann kam eine Gruppe von Mönchen aus dem Namgyäl-Kloster, (…) [a]ls nächstes folgten hoch zu Roß die Musikanten und gleich dahinter zwei Gruppen von Mönchsbeamten. Die ersteren waren niederrangige Mönche, die als Träger fungierten, während die letzteren zum Tsedrung-Stand gehörten und Mitglieder der Regierung waren. Hinter diesen kam ein Zug von fein herausgeputzten und reichlich geschmückten Pferden aus den Stallungen des Dalai Lama, die von Knechten geführt wurden. Es folgte eine weitere Gruppe von Pferden, die die Staatssiegel trugen. Dann kam ich in einer gelben Sänfte. (…) Neben der Sänfte ritten die vier Mitglieder des Kashag, (…) begleitet vom Kusung Depön, dem Anführer der Leibgarde des Dalai Lama, und dem Mak-chi, dem Obersten Befehlshaber der kleinen tibetischen Armee. (…) Unsere Gruppe wurde ringsum von einer Eskorte von (…) Mönchspolizei abgeschirmt. (…) Meiner Sänfte folgten (…) der erste und zweite Tutor. (…) Dahinter kamen meine Eltern und alle anderen Familienmitglieder, gefolgt von zahlreichen Laienbeamten, Adligen und Bürgern, die ihrem Rang entsprechend positioniert waren.“

Für die Lektüre der Autobiographie ist zu empfehlen, sich mittels einer Übersicht die wichtigen Personen in der Umgebung des Dalai Lama zu vergegenwärtigen. Eine solche Übersicht bietet die Grafik rechts. Sie vergrößert sich durch Anklicken ...

Schaubild: Wichtige Menschen des Dalai Lamas

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[Autorin: Rebecca Madaus]