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Apartheid

Bestandteile des Apartheidregimes (V): Politische Entrechtung und Unterdrückung der Opposition

"Wenn der Justizminister Grund zu der Annahme hat, dass eine Person einen terroristischen Anschlag oder ein dazu in Beziehung stehendes Verbrechen begehen will, oder wenn er überzeugt ist, dass eine Person in Aktivitäten verwickelt ist, die die Sicherheit des Staates oder die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung gefährden, kann er im Sinne einer vorbeugenden Maßnahme verfügen, dass diese Person inhaftiert wird."

[South Africa Yearbook 1989/90, S. 267]

Ein Überblick über die Gesetzgebung des Apartheidregimes wäre unvollständig ohne den Hinweis auf Gesetze und Verordnungen, die der unmittelbaren Unterdrückung von Nicht-Weißen dienten. Der 1930 erlassene "Riotous Assemblies Act" zielte auf das Verbot nicht-weißer politischer Versammlungen, gegen die nötigenfalls auch gewaltsam vorgegangen werden konnte. Der "Representation of Natives Act" (1936) kodifizierte den Ausschluss der Schwarzen von der politischen Partizipation. Flankiert wurde dieses Gesetz durch den "Suppression of Communism Act" (1950), der die Kommunistische Partei Südafrikas verbot und die Verfolgung solcher Organisationen freigab, die angeblich mit dem Kommunismus sympathisierten, und den "Criminal Law Amendment Act" (1953). Danach konnte jede Person, die eines der "Ziele des Kommunismus" vertrat, nach diesem Gesetz angeklagt werden.

Es ist offensichtlich, dass die Regierung sich dadurch ein praktikables Willkürinstrument schuf, mit dem man missliebige Schwarze – aber auch oppositionelle Weiße – aus dem Verkehr ziehen konnte. Jegliche politische Betätigung wurde also erschwert bzw. unterdrückt.

Opfer dieser Gesetze wurde auch der heute weltberühmte African National Congress (ANC), die Partei Nelson Mandelas und Oliver Tambos, die am 8. April 1960 durch die Regierung verboten und in den Untergrund gedrängt wurde.

[Weitere Materialien zu diesem Bereich finden Sie im Abschnitt Widerstand]

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Das Beispiel der Familie Maqolo

Vor drei Jahren war Gladys Maqolo Mutter von drei gesunden Jungen. Heute gilt einer als vermisst. Er "verschwand" nach einem kurzen Aufenthalt im Polizeigefängnis. Ein anderer ist zu Hause. Er erlitt infolge einiger Tage in Polizeigewahrsam einen Hirnschaden. Der dritte Sohn ist in Haft, seitdem die Polizei ihn im Mai (1987) festgenommen hat (...).

Mrs. Maqolos Ehemann verbrachte 8 Jahre auf Robben Island (das hochgesicherte Gefängnis für politische Gefangene, in dem auch Nelson Mandela inhaftiert war), aber ihr Sohn, Mbuyiselo Maxin war überhaupt nicht politisch, im Gegensatz zu Willem, seinem älteren Bruder, der Gewerkschaftler ist, und Afrika, der Mitglied der United Democratic Front ist.

Am 1. Oktober 1984 wurde Mbuyiselo auf dem Heimweg vom Besuch bei einem Freund überfallen. Er wurde verletzt und verbrachte die Nacht im Krankenhaus. Am nächsten Morgen erstattete er Anzeige, da er einen der Angreifer erkannt hatte. Der Beamte aber versuchte, ihn von der Anzeige abzubringen, indem er sagte, er kenne den Angreifer und dieser habe keinen Vater. Nach einigen Tagen ging Mbuyiselo wieder zur Polizei. Er kam nicht mehr zurück.

Mrs. Maqolo suchte überall nach ihrem Sohn, aber ohne Ergebnis. Nach 5 Tagen erhielt sie eine Nachricht. Sie sollte zum Livingstone-Krankenhaus gehen, wo er sei, aber sie brauche eine Erlaubnis, um ihn zu sehen. Als sie an das Bett ihres Sohnes kam, gebärdete er sich wie ein Verrückter.

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"Er erkannte mich nicht. Er war an sein Bett gebunden und schrie. Die Polizei bewachte ihn. Ich fragte den Arzt, was mit ihm los sei. Der sagte, er habe Blut im Gehirn, welches nun geschädigt sei. Der Arzt sagte, ich solle in St. Albans fragen, was geschehen sei. Sie würden es wissen."

Mrs. Maqolo erhielt die Erlaubnis, ihren Sohn zu besuchen. Auf dem Erlaubnisschein stand, dass er zu 60 Tagen Haft oder einer Geldstrafe von 30 Rand verurteilt worden sei. Da, wo der Verurteilungsgrund hätte vermerkt werden sollen, stand nur ein Kreuz. Mrs. Maqolo gab die Papiere ihrem Anwalt, der feststellte, dass ihrem Sohn die Kontaktaufnahme mit einem Gefangenen in Gewahrsam vorgeworfen wurde.

Dann folgte eine Serie von Ereignissen, über die sich Mrs. Maqolo nicht klar ist, aber sie haben die Qualität eines Albtraums, da ihr Sohn wiederholt zwischen Gefängnis und Hospital hin- und hertransportiert worden ist und sie verzweifelt versucht hat, seine Spur nicht zu verlieren. Schließlich fuhren ein Polizeilastwagen und ein Krankenwagen vor ihrem Haus vor und ihr Sohn wurde hereingetragen "wie ein toter Säugling. Er hatte einen Schlafanzug und ein Hemd an. Seine Jeans und seine anderen Kleidungsstücke waren in einer Tasche; die Jeans war gewaschen worden." Er war ein gesunder 30jähriger gewesen, der Ernährer der Familie.

Mrs. Maqolos Anwalt versuchte, den Fall aufzuklären, aber ein Mitgefangener, der mit Mrs. Maqolos Sohn ins Gefängnis St Albans transportiert worden war und der zunächst gesagt hatte, Mbuyiselo sei im Gefängniswagen noch unverletzt gewesen, widerrief seine Aussage und sagte, Mbuyiselo habe seine Kopfverletzung bereits gehabt, bevor er ins Gefängnis transportiert worden sei (...).

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Im Februar (1987) hatte Mrs. Maqolo zwei Hauptsorgen. Die erste war, dass ihr Sohn Willem, 40 und Grubenkoch in Springs, verschwunden war. Er war im September 1986 kurzzeitig inhaftiert, und sie war nach seiner Entlassung nicht in der Lage gewesen, seinen Aufenthaltsort aufzuspüren. Er besuchte sie nicht — wie sonst — zu Weihnachten. Die Polizei hatte nach ihrem Sohn Afrika gesucht und bei einer dieser Hausdurchsuchungen einen Brief von Afrika an Willem gefunden. Sie denkt, dass das vielleicht etwas mit seinem Verschwinden zu tun hat.

Ihr zweites Problem war, dass die Sicherheitspolizei nicht aufhörte, zu allen Tages- und Nachtzeiten in ihr Haus zu kommen, um nach Afrika zu suchen. Sie sagte der Polizei, dass sie nicht wisse, wo er sei, obwohl er manchmal zu Besuch kam.

Am 8. Dezember kam Mrs. Maqolo in das Büro (der Black Sash) und zeigte ein Flugblatt mit dem Bild ihres Sohnes Afrika und der Unterschrift "We want him / Ons soek hom". Diesem Bild war die Information über den Verbraucherboykott (der Schwarzen) beigefügt, andeutend, dass Afrika für diesen Boykott verantwortlich sei (...).

Bei einer Gelegenheit, als die Polizei wiederum nach Afrika suchte und ihn bei Mrs. Maqolo nicht finden konnte, wollte sie den hirngeschädigten Mbuyiselo wieder mitnehmen. Sie sagt, er wurde verrückt vor Angst und schrie die Polizei an, und schließlich ließen sie ihn in Ruhe.

Mrs. Maqolo verbrachte im letzten Jahr einen Monat aufgrund von Magengeschwüren und eines Nervenzusammenbruchs im Krankenhaus. Am 9.Mai 1987 hat die Sicherheitspolizei ihren Sohn Afrika schließlich doch festgenommen. Daraufhin sagte Mrs. Maqolo: "Wenigstens haben sie zugegeben, dass sie ihn haben. Ich weiß, dass er im Gefängnis ist."

[entnommen aus: Sash, Band 30, Nr. 2 August 1987, 12ff.]

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[Weitere Bestandteile des Apartheidregimes: Homelands, Klassifizierung, Gesellschaft, Wirtschaft]

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