| |
|
Der
Nordirlandkonflikt im 20. Jahrhundert |
Der folgende Text beschäftigt sich mit der
Entwicklung des Nordirlandkonflikts seit der Unabhängigkeit eines Teils von
Irland 1920. Die Wurzeln des bis heute andauernden blutigen Konflikts zwischen
nordirischen Katholiken auf der einen, Briten und nordirischen Protestanten auf
der anderen Seite liegen allerdings weiter zurück in der Geschichte. Einen Text
zu den historischen Wurzeln finden Sie auf der Seite Geschichte.
Unabhängigkeit
und Teilung Irlands... |
Als Irland
1920 unabhängig wurde, erhielten sechs Grafschaften der Provinz Ulster
die Möglichkeit, sich politisch vom restlichen Irland zu trennen und
eine enge Beziehung zu Großbritannien aufrechtzuerhalten. Diese
Grafschaften in der nördlichsten der vier irischen Provinzen wurden
durch den Government of Ireland Act von 1920, unter der Bezeichnung
Nordirland, eine separate politische Einheit des Vereinigten
Königreiches mit eigener Verfassung, eigenem Parlament und eigener
Lokalverwaltung. Der Irische Freistaat (später Irland, heute Republik
Irland) betrachtete die Abspaltung nicht als endgültig. Nordirland
weigerte sich aber konsequent, eine Wiedervereinigung in Erwägung zu
ziehen. Die Grenze zwischen den beiden Teilen wurde 1925 festgelegt.
Eine Mehrheit der nordirischen Bevölkerung betrachtete die Trennung vom
katholischen Süden und die Einheit mit Großbritannien als Absicherung
für ihren protestantischen Glauben und ihre Vorherrschaft. Für viele
irische Katholiken war die Schaffung Nordirlands schlicht und einfach
das letzte Unrecht, das die Briten den Iren zugefügt hatten. |
Beginn
des Terrors... |
Als Irland
1949 Republik wurde, bestätigte das britische Parlament den Status
Nordirlands als Teil des Vereinigten Königreiches unter dem Vorbehalt
einer anders lautenden Entscheidung des nordirischen Parlaments. Obwohl
die Republik noch immer die sechs nördlichen Grafschaften beanspruchte,
kam ihr Austritt aus dem Commonwealth einer stillschweigenden Zustimmung
zur Teilung gleich. 1955 begannen aber Truppen der verbotenen
Irisch-Republikanischen Armee (IRA) eine Terrorkampagne mit dem Ziel,
eine Vereinigung der Republik mit Nordirland zu erreichen. 1957 und 1958
fanden zahlreiche Terrorakte statt. In den frühen sechziger Jahren nahm
ihre Zahl allmählich ab. 1962 verurteilte die Regierung der Republik
Irland den Terrorismus als Mittel im Kampf für die Wiedervereinigung.
[Seitenanfang] |
Bürgerrechtsbewegung
der benachteiligten katholischen Minderheit... |
Die
Katholiken waren in Nordirland von Anfang an eine benachteiligte
Minderheit. 1968 organisierten sie eine Bürgerrechtsbewegung, die gegen
diese Benachteiligung protestierte und oft gewaltsame Gegenreaktionen
hervorrief. Gemäßigte Protestanten erkannten die Notwendigkeit einer
Reform des Regierungssystems, stießen jedoch auf starken Widerstand des
rechtsgerichteten Flügels der regierenden Ulster Unionist Party. 1969
wurden britische Truppen nach Nordirland geschickt, um der
überforderten Polizei Nordirlands zu helfen. Sie blieben im Land,
erhielten die britische Regierungsgewalt aufrecht und setzten der
protestantischen Reaktion Grenzen. Gleichzeitig wurden sie jedoch
Zielscheibe des Terrorismus. 1972 schaffte die britische Regierung das
nordirische Parlament ab und regierte das Land direkt. In einer von den
meisten Katholiken boykottierten Volksabstimmung im Jahr 1973
entschieden sich die nordirischen Wähler abermals für die Bindung an
Großbritannien und gegen eine Wiedervereinigung mit der Republik. 1974
brach eine 15köpfige nordirische Regierung, die aus Protestanten und
Katholiken bestand, rasch zusammen, als die protestantischen Extremisten
mit einem Generalstreik reagierten. In den folgenden Jahren nahm die
Gewalt zu. Zwei Frauen aus Belfast, Mairead Corrigan und Betty Williams,
erhielten 1976 den Friedensnobelpreis. Sie hatten versucht, die
Religionsgemeinschaften in Nordirland miteinander zu versöhnen. Ihre
Anstrengungen waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Es erwies sich als
aussichtslos, die Parteien an einen Tisch zu bringen. |
Spirale
der Gewalt und Ansätze zum Frieden... |
Inzwischen
setzte der sogenannte Provisorische Flügel der IRA seine Terrorkampagne
ungebremst fort. Einige protestantische Extremisten standen ihm mit
ihren Greueltaten in nichts nach. 1979 ermordete die IRA Lord
Mountbatten of Burma. Am selben Tag lockte sie eine Abteilung britischer
Soldaten in einen Hinterhalt und tötete 18 Soldaten.
Die Ermordung von Lord Mountbatten wurde allgemein verurteilt. 1981
bediente sich die IRA einer neuen Taktik, um verlorene Sympathien
wiederzugewinnen: in britischen Gefängnissen einsitzende Mitglieder der
IRA begannen einen Hungerstreik. Es gab Tote. Jedes Opfer setzte einen
neuen Kreislauf der Gewalt in Gang. Der von Großbritannien und der
Republik Irland 1985 gebildete Irland-Rat wurde von vielen als wichtiger
Schritt in der Sicherheits-, Wirtschafts- und Sozialpolitik und zur
Beendigung des Bürgerkrieges interpretiert. Protestantische Unionisten
und einige irische Nationalisten betrachteten das Abkommen aber als
Verrat. Zu Beginn der neunziger Jahre patrouillierten noch immer
britische Truppen in den Straßen von Londonderry und Belfast, und die
IRA verübte auch weiterhin sporadisch Terroranschläge gegen britische
Zivilisten und Soldaten auf den Britischen Inseln und dem europäischen
Festland. Am 31. August
1994, nach 25 Jahren
bewaffnetem Kampf, verkündete die IRA jedoch eine bedingungslose
Waffenruhe und versprach, ihre militärischen Operationen zugunsten von
Friedensgesprächen vorläufig einzustellen. Im Februar 1996 brach sie
diesen Waffenstillstand. |
[entnommen aus: Microsoft®
Encarta® 97 Enzyklopädie]
[Seitenanfang]
|