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Kurzbiographie
Satyagraha
Salzmarsch

Vorbilder

Leben und Wirken Gandhis - Übersicht:

1

Kindheit und Jugend Gandhis

2

Gandhis Weg nach Südafrika

3

Diskriminierungen in Südafrika

4

Rückkehr nach Indien

5

Zurück in Südafrika

6

Meldescheine, Drei-Pfund-Steuer etc.

7

Gandhis Rückkehr nach Indien

8

Champaran - Indigobauern

9

Der Generalstreik

10

Spinnrad-Kampagne

11

Salzmarsch

12

Unabhängigkeit Indiens - Tod Gandhis

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Kindheit und Jugend Gandhis

Mohandas Karamchand wurde am 2. Oktober 1869 in Porbandar im Staat Gujarat in Indien geboren. Er war der Sohn einer wohlhabenden Familie, die der Händlerkaste und damit der Gruppe der Kaufleute (Vaishyas) angehörte. Sein Vater nahm das Amt eines Premierministers im Fürstentum Rajkat ein. Beide Elternteile waren fromme Hindus. Mit dreizehn wurde Gandhi mit der gleichaltrigen Kasturbai Nakanji verheiratet. Kasturbai war, als indische Frau dieser Zeit, von ihrem Mann abhängig. Er hätte sie jederzeit auf die Straße setzen können, woraufhin sie von der Gesellschaft ausgeschlossen worden wäre. In diesem Bewusstsein behandelte Gandhi seine Ehefrau in den ersten Jahren. Rückblickend gestand er ein, dass seine Frau in diesem Zeitraum viel unter ihm zu leiden hatte. Der Tod des Vaters und des ersten Kindes waren einschneidende Erlebnisse für Gandhi.

Gandhi wollte in Großbritannien Jura studieren. Die Familie akzeptierte nach langem Zögern seinen Wunsch. Die Kaste war jedoch der Meinung, dass er im Ausland nicht "rein" leben könnte. Obwohl er ein Gelübde ablegte, in dem er sich verpflichtete, keusch zu leben und weder Fleisch noch Alkohol anzurühren, verbot ihm die Kaste die Reise ins Ausland. Da sich Gandhi diesem Entschluss der Kaste widersetzte, wurde er aus ihr ausgeschlossen.

1888 begann er sein Studium in London. Daneben beschäftigte er sich ausgiebig mit dem Hinduismus, dem Islam und dem Christentum. Sein hinduistischer Glaube wurde dabei immer wichtiger für ihn. Dennoch erkannte er die anderen Religionen an. Besonders begeisterte ihn die Bergpredigt. Sie entsprach seinem Motto, Böses mit Gutem zu vergelten. Sein Konzept des Satyagraha hat er immer wieder mit den Prinzipien der Bergpredigt verglichen, um es besser erklären zu können.

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Gandhis Weg nach Südafrika

Als Gandhi mit abgeschlossenem Studium nach Indien zurückkehrte, nahm ihn nur ein Teil der Kaste wieder auf. Offiziell war er weiterhin ausgeschlossen. Jedem, der ihn aufnahm, drohte ebenfalls der Ausschluss. Schnell musste er feststellen, dass er aufgrund seines Studiums im Ausland nicht die richtigen Beziehungen im Heimatland hatte. Ohne die Hilfe der Kaste war es schwer, eine Anwaltskanzlei aufzubauen. Zudem war er es gewöhnt gewesen, dass er als Bürger des britischen Empire betrachtet wurde. Die britischen Beamten in Indien betrachteten ihn jedoch nicht als ihresgleichen, weshalb es sehr bald auch zu Auseinandersetzungen zwischen den Beamten und Gandhi kam.

Auf dieser Basis konnte er keine Existenz gründen. Sein älterer Bruder musste den Unterhalt für ihn und seine Familie aufbringen. Als ein Geschäftsfreund des Bruders, ein reicher Kaufmann, ihm eine Stelle als beratender Anwalt seiner Gesellschaft in Südafrika anbot, nahm er daher sofort an. Er reiste 1893 ohne seine Familie nach Südafrika.

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Diskriminierungen in Südafrika

In Südafrika erfuhr Gandhi das erste Mal Diskriminierung von Seiten der Weißen gegenüber der ethnischen Minderheit der Inder. Für die Weißen waren alle Inder Sammies oder Kulies, schlicht nicht ebenbürtig. Beispiele für Diskriminierungen, die Gandhi ertragen musste, gibt es genügend. Er wurde beim Friseur nicht bedient, er durfte im Gerichtssaal keinen Turban tragen und nach 21:00 Uhr nicht mehr ohne Genehmigung des Arbeitgebers das Haus verlassen. Und das alles nur, weil er Inder war. Er besaß nur aufgrund seiner Hautfarbe und seiner Religion nicht die gleichen Rechte wie die Weißen.

Eine besonders massive Ungleichbehandlung wurde den Indern in den öffentlichen Verkehrsmitteln zuteil. So stammt das bekannteste Beispiel für Diskriminierung, das Gandhi erfuhr, von einer Geschäftsreise, die er im Zug antrat. Er musste von Durban in Natal nach Pretoria in Transvaal reisen. Während der Fahrt stieg ein weißer Mitreisender zu. Er wollte das Abteil nicht mit Gandhi teilen. Der Schaffner wollte Gandhi trotz gültiger Fahrkarte für die erste Klasse in das Gepäckwagenabteil schicken. Als Gandhi sich wehrte, wurde er aus dem Zug geworfen.

Gandhi selbst erzählt den Vorfall in seiner Autobiographie folgendermaßen:
Am siebten oder achten Tag nach meiner Ankunft verließ ich Durban wieder. Ein Platz in einem Wagen der ersten Klasse war für mich bestellt worden. Gewöhnlich zahlte man fünf Schilling extra, wenn man ein Bett haben wollte. Abdullah Seth [Vorgesetzter Gandhis] wollte durchaus, dass ich ein Bett bestellen sollte; aber aus Eigensinn und Stolz und auch aus Sparsamkeitsgründen lehnte ich es ab. Abdullah Seth warnte mich. "Schauen Sie", sagte er, "das ist ein anderes Land als Indien. Gott sei Dank haben wir genug und könnens uns leisten. Bitte, tun sie sich ja keinen Zwang an, wenn sie irgend etwas brauchen."
Der Zug kam in Maritzburg, der Hauptstadt von Natal, gegen neun Uhr abends an. In dieser Situation wurden gewöhnlich die Betten gemacht. Ein Eisenbahnbediensteter kam herein und fragte mich, ob ich eins wollte. Ich dankte, und er ging wieder. Aber dann kam ein Reisender und schaute mich von oben bis unten an. Er sah, dass ich ein ‚Farbiger‘ war - das störte seinen Frieden. Also schoss er hinaus und kam gleich darauf mit einem oder zwei Beamten zurück. Zunächst sagte keiner ein Wort, bis ein dritter Beamter zu mir kam und sagte: "Kommen Sie mit, Sie müssen ins Gepäckwagenabteil!"
"Aber ich hab eine Fahrkarte erster Klasse", erwiderte ich.
"Das macht nichts. Ich sage Ihnen, Sie müssen ins Gepäckwagenabteil."
"Man hat mich in Durban in diesem Abteil sitzen lassen, und ich bestehe darauf, weiter hier sitzen zu bleiben."
"Nein, das werden Sie nicht", sagte der Beamte, "Sie müssen hier raus, oder ich muss einen Schutzmann rufen, damit er Sie rauswirft."
"Ja, das können Sie", antwortete ich. "Ich weigere mich, freiwillig herauszugehen."
Der Schutzmann kam. Er nahm mich beim Arm und stieß mich hinaus.


 

Nachdem Gandhi geschäftlich erfolgreich agierte und sich in der indischen Gemeinde behaupten konnte, wurde er selbstbewusster und versuchte, die indische Gemeinde zu organisieren. Es wurden regelmäßige Treffen organisiert. Gandhi hielt seine ersten Reden vor Publikum. Sein Hauptziel war das Ende der Diskriminierung der Inder. Deshalb versuchte er als erstes, die Inder dazu zu bewegen, sich ordentlich zu kleiden und mehr auf Hygiene zu achten. Er war überzeugt, dass dadurch das Bild, das die Briten von den Indern hatten; verändert werden könnte und die Inder als gleichberechtigt angesehen werden würden.

[Hintergrundinformationen zur Geschichte Südafrikas finden Sie auf der Seite Südafrika]

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Rückkehr nach Indien

1896 kehrte er nach Indien zurück. Er verfasste Schriften über die Lage der Inder in Südafrika, die auch international Gehör fanden. Unter anderem kritisierte er darin die "Dreipfundsteuer", die indische Kontraktarbeiter an ihren Arbeitgeber band. Er bereiste sein Heimatland und traf sich mit den politischen Führern Indiens. Ein wichtiger Freund und Unterstützer wurde ihm dabei Gokhale, der Mitglied des INC war. Als er Ende des Jahres gebeten wurde, nach Südafrika zu kommen, reiste er sofort mit seiner Familie ab.

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Zurück in Südafrika

Die Schriften, die Gandhi über die Inder in Südafrika verfasst hatte, wurden dort als Volksaufhetzung verstanden. Es wurde die Angst vor einer Revolution und einer Unterwanderung der Gesellschaft durch die Inder geschürt. Als Gandhi mit vielen indischen Mitreisenden auf einem Dampfer in Natal ankam, wurde er an der Einreise gehindert. Da an Bord angeblich die Pest ausgebrochen sei, wurde es 23 Tage lang unter Quarantäne gestellt. Als er endlich das Schiff verlassen durfte, wurde er von einem aufgebrachten Mob Weißer fast gelyncht. Nur das Eingreifen des Polizeipräsidenten und seiner Frau konnten Gandhi vor dem Tod bewahren. Dennoch ließ Gandhi von einer Verfolgung der Täter ab. Das erste Mal fand sein Vorsatz, niemanden zu hassen und alles zu erleiden, Anwendung.

Er ließ sich als Anwalt nieder und kämpfte weiter für die Rechte der Inder. Doch auch außerhalb des Gerichtes setzte er sich für seine Mitmenschen ein. Er gab den Indern Südafrikas in Form der Zeitschrift Indien Opinion ab 1904 eine Stimme und gründete die Phoenixfarm in Natal, später die Tolstoifarm in Transvaal. Das Dienen an seinem Volk, an seinen Mitmenschen, wurde ebenso wie völlige Enthaltsamkeit zu seinem Grundsatz. Als die Beulenpest unter indischen Arbeitern ausbrach, leistete er aufopfernde Hilfe.

Während dem Burenkrieg 1899 und dem Zuluaufstand 1906 bewegte er die Inder dazu, sich auf Seite der Briten in den Krieg zu begeben. Diese ließen die Inder jedoch nur im Sanitätsdienst zu. Gandhi selbst leistete Sanitätsdienst. Er sah es als Bürgerpflicht. Wer seine Rechte einfordere, müsse auch seine Pflichten erfüllen. Er erhoffte sich dadurch das Wohlwollen der Briten und eine Verbesserung der Rechte der Inder in Südafrika.

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Verbrennen der Meldescheine, Kampf gegen die Dreipfundsteuer und für die Anerkennung der indischen Ehen

Diese Hoffnung war trügerisch. Bereits 1907 wurde ein Registrierungsgesetz beschlossen. Alle Inder sollten sich mit einem Fingerabdruck registrieren lassen, woraufhin sie eine Nummer und einen Meldeschein bekommen sollten. Diesen Meldeschein hätten sie immer bei sich tragen sollen. Ohne Meldeschein wurde die Einreise nach Transvaal, das eine eigene von Buren beherrschte Regierung hatte, nicht mehr genehmigt.

Gandhi ließ sich nicht registrieren. Die meisten Inder folgten seinem Beispiel. Er wurde zu zwei Monaten Haft verurteilt. Er wandte sich an General Smuts und verlangte, das Gesetz nicht zu verabschieden. Im Gegenzug würden sich alle Inder freiwillig registrieren lassen. Als Vorbild ließ Gandhi sich registrieren, obwohl ihn Landsleute durch Gewalt daran hindern wollten. Die Mehrheit der Inder folgte ihm auch in diesem Punkt. Das Gesetz wurden dessen ungeachtet verabschiedet. Dieser Schritt löste die erste große Satyagraha-Kampagne aus, in der über 2000 Meldescheine verbrannt wurden.

General Smuts hielt sich auch nicht an die Vereinbarung mit Gokhale, die Dreipfundsteuer für Kontraktarbeiter abzuschaffen.

Als 1913 alle nicht-christlichen Ehen, die nicht vor einem Standesbeamten in Südafrika geschlossen wurden, für nichtig erklärt wurden, spitzte sich die Situation der Inder zu. Alle indischen Ehen wurden nicht anerkannt. Für die Inder bedeutete das eine große Verletzung der Ehre, da die Ehefrauen nun den Status einer Geliebten hatten. Zudem waren die Kinder nicht mehr erbberechtigt. Aus diesen Gründen schlossen sich die Frauen und die Kontraktarbeiter Gandhi an. Die Bergarbeiter streikten. Gandhi startete erneut eine Satyagraha-Kampagne. Seine Satyagrahis von der Tolstoifarm, darunter auch Kasturbai, sollten ohne Papiere die Grenze zwischen Natal und Transvaal überqueren und sich verhaften lassen. Wie vorausgesehen wurden die Grenzgänger verhaftet und zum Teil zu Zwangsarbeit verurteilt. Für einige Satyagrahis bedeutete die Inhaftierung aufgrund der schlechten Bedingungen den Tod. Bald wurden die Gefängnisse voll. Aus den streikenden Bergarbeitern und ihren Familien bildete Gandhi in Newcastle in Natal eine "Friedensarmee" von rund 5000 Menschen. Er kündigte der Regierung an, dass er mit dieser Friedensarmee ebenfalls die Grenz überschreiten wolle. Ziel des Marsches sollte die Tolstoifarm in Transvaal sein. Auf dem Weg wurden Gandhi und seine engsten Mitarbeiter verhaftet. Dennoch konnte der Zug nicht aufgehalten werden. Es kam zu massenhaften Verhaftungen. Die Gefängnisse quollen über, die Kosten für die Inhaftierten waren enorm und die Stillegung der Bergwerke verursachte Gewinneinbußen.

Zunehmend schlossen sich auch die Arbeiter anderer Gegenden dem Streik an. Aus Indien kam geistige und finanzielle Unterstützung. Die Briten und Buren reagierten mit Gewalt. Eine Untersuchungskommission, die die Vorfälle beurteilen sollte, wurde zuerst sehr "briten-freundlich" besetzt. Die Lage der Inder veränderte sich zunächst nicht. Gandhi wollte den Streik auf weitere Teile der indischen Bevölkerung ausdehnen, ließ jedoch davon ab, als die Regierung in Bedrängnis geriet, da die Eisenbahner streikten. Gandhi hätte der Regierung durch einen ausgeweiteten Streik großen Schaden zufügen können. Doch das war nicht sein Ziel. Er wollte dem Gegner auf keinen Fall Schaden zufügen, sondern nur für die eigenen Rechte kämpfen.

Nach einem Zwischenaufenthalt in Großbritannien, bei dem Gandhi die dort lebenden Inder dazu aufrief, sich auf Seiten der Briten im ersten Weltkrieg zu beteiligen, kehrt er 1914 in seine Heimat Indien zurück.

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Gandhis Rückkehr nach Indien

1914 kehrte Gandhi nach Indien zurück. Seine Familie und die Bewohner der Farmen begleiteten ihn. Um das Leben in der Gemeinschaft auf den Farmen weiterführen zu können, baute er mit seinem Gefolge ein Ashram auf. In diese Gemeinschaft nahm Gandhi auch Kastenlose auf.

In Indien war Gandhi in der Zwischenzeit zu einer Berühmtheit geworden. Im Volk wurde er Mahatma - große Seele - genannt. Das Land, in das er zurückkehrte, war von den Briten besetzt. Im Volk herrschte keine Einigkeit zwischen Hindus und Muslimen. Die verschiedenen sozialen Schichten hatten ebenso wenig Berührungspunkte. Land und Volk wurden von den Briten ausgebeutet.

[Hintergrundinformationen zur Geschichte Indiens finden Sie auf der Seite Indien]

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Champaran - Indigobauern

Seine ersten Aktionen in Indien führten Gandhi 1917 nach Champaran in Nord-Bihar am Fuße des Himalaja. Bauern hatten ihn um Hilfe gebeten. Die Pächter wurden nach dem Tinkathia-System gezwungen, drei von zwanzig Teilen ihres Landes für den Grundherrn mit Indigo zu bepflanzen. Sie besaßen nicht das Recht, über das von ihnen gepachtete Land selbst zu bestimmen. Gandhi sollte sehen, unter welchen Qualen sie Indigo anbauten und verarbeiteten. Aus einem eintägigen Besuch wurden Monate. Gandhi führte eine Untersuchung durch, die zur Folge hatte, dass die Pächter einen Teil ihrer bereits gezahlten Abgaben zurückerhielten und das System abgeschafft wurde. Sein Wirken reichte jedoch tiefer. Er setzte sich für Bildungsmaßnahmen und verbesserte gesundheitliche Versorgung der Bauern ein, da sie nur so ihre Lage verbessern konnten. Gandhi wurde wie schon in Südafrika in seiner Arbeit behindert. Doch selbst Gefängnisaufenthalte konnten ihn nicht schrecken. Verstieß er bewusst gegen ein Gesetz, bekannte er sich schuldig im Sinne des Gesetzes (nicht in seinem Sinne) und nahm seine Strafe an. Dadurch hatten die Briten große Probleme. Wäre Gandhi gewalttätig oder flüchtig gewesen, hätten sie härter gegen ihn vorgehen können. So stand die (internationale) Öffentlichkeit auf der Seite Gandhis und die Briten behandelten ihn eher milde.

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Der Generalstreik

Die Behandlung der Inder, die als politisch engagiert angesehen wurden, änderte sich jedoch bald. Im Rahmen der Montford-Reformen sollte den Indern 1918 in den Provinzen eine Beteiligung an der Regierung eingeräumt werden. Die Durchsetzung verzögerte sich jedoch. Unruhen in der Bevölkerung kamen auf. Die Briten hatten Angst, sie könnten den über drei Millionen Indern nicht mehr Herr werden. Nach Unruhen in Bengalen wurden die Rowlettgesetze, nach ihrem Erfinder Richter Rowlett benannt, diskutiert. Sie sahen vor, das Kriegsrecht einzuführen. Nach diesen Gesetzen hätten u.a. Verdächtige ohne Prozess eingesperrt werden dürfen. Rechtstaatlichkeit wäre nicht mehr gegeben gewesen. Die Inder wären auf der Basis von Gesetzen der völligen Willkür der Briten ausgeliefert gewesen. Gandhi warb 1919 für eine Satyagraha-Kampagne gegen diese Gesetze.

Bei einer friedlichen Versammlung von 2000 Indern auf einem Platz in Amritsar am 13. April 1919 besetzte die britische Armee den einzigen Ausweg und feuerte wahllos in die Menge. Dabei wurden 400 Menschen getötet und etliche weitere verletzt. Der General, der die Truppe angeführt hatte, sagte in der folgenden Untersuchung des Massakers aus, er habe alle Menschen auf dem Platz töten wollen. Es wurde ihm nahegelegt, den Dienst zu quittieren, was er auch tat. Eine weitere Bestrafung erfolgte nicht. Ganz Indien war erschüttert von dem Massaker von Amritsar.

Dennoch wurden die Gesetze verabschiedet. Daraufhin lautete das Schlagwort Non-Cooperation mit den Briten. Gandhi sah einen Generalstreik vor, der auch in einigen Städten wie zum Beispiel in Delhi am 6. April 1919 für 24 Stunden durchgeführt wurde. Bis zur Verhaftung Gandhis 1922 wurden verschiedene Kampagnen durchgeführt. Eine Verweigerung der Steuerzahlungen erwog Gandhi, verwirklichte sie jedoch nicht mehr, da es zu Unruhen kam. Die Gewalt ging nicht nur von den Briten aus. Auch von Seiten der Inder kam es zu Gewalttaten. Gandhi stoppte sofort alle Aktionen. Er erkannte, dass das indische Volk noch nicht reif war für den gewaltlosen Widerstand, für Satyagraha.

In seiner Autobiographie schreibt Gandhi zu Satyagraha:
Ehe man zur Anwendung friedlichen Ungehorsams berufen sein kann, muss man zuvor den Staatsgesetzen willigen und ehrerbietigen Gehorsam geleistet haben. Meist gehorchen wir diesen Gesetzen nur aus Furcht vor Strafe; ... Ein Satyagrahi gehorcht den Gesetzen der Gesellschaft kraft eigener Einsicht und weil er es für seine heilige Pflicht hält. Nur wenn ein Mensch in solchem Sinne den Gesetzen der Gesellschaft zunächst einmal getreulich gehorcht hat, vermag er zu beurteilen, welche Verordnungen im Einzelnen gut und gerecht und welche ungerecht und schlecht sind. Nur dann steht ihm das Recht zu, friedlichen Widerstand gegen gewisse Gesetze anzuwenden, in genau bestimmten Grenzen.

Das Volk begehrte gegen alles britische mit Gewalt auf und setzte sich nicht für bestimmte gerechte Ziele ein. Es trennte nicht zwischen guten und schlechten Gesetzen. Gandhi sah die Unruhen als einen Himalaja-großen Rechenfehler seinerseits an. Ein Fasten stellte sein Buße dar. Nach seiner Entlassung aus der Haft 1924 betrachtete er die Erziehung des Volkes als seine wichtigste Aufgabe. Sechs Jahre lang zog er durch das Land, nur unterbrochen durch ein Jahr, in dem er seine Autobiographie "Meine Experimente mit der Wahrheit" schrieb.

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Spinnrad-Kampagne

Die Erziehung des Volkes war eng verbunden mit dessen Befreiung aus der Armut. Auf Reisen durch das ganze Land rief Gandhi dazu auf, zu Hause Spinnräder zu benutzen und selbst Stoffe herzustellen. Die englischen Stoffe sollten boykottiert werden. Gandhi selbst ging als gutes Beispiel voran. Er, der in jungen Jahren die Kleidung der Briten getragen hatte, trug als einziges Kleidungsstück nur noch einen Dhoti. Er arbeitete jede freie Minute am Spinnrad, obwohl seine Frau immer behauptete, er habe zwei linke Hände.

Die Spinnrad-Kampagne richtete sich gegen die Importe englischen Stoffes, verhalf aber auch den ärmeren Indern zu einem Nebenverdienst. Bei Besuchen in Großbritannien traf Gandhi mit den Arbeitern in englischen Tuchfabriken zusammen. Obwohl diese Kampagne zu ihren Lasten ging, zeigten sie Verständnis für die Lage der Inder und deren Aktion. Gandhi machte das Spinnrad zum Symbol der indischen Unabhängigkeit. In dieser Kampagne war es ihm gelungen, das indische Volk auf einen friedlichen Weg des Widerstands zu führen. Noch heute ziert ein Spinnrad die indische Flagge.

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Salzmarsch

In der Zwischenzeit hatte der INC sich weiter für eine Selbstverwaltung der Inder eingesetzt, war jedoch erfolglos geblieben. Nun erwog Gandhi erneut eine Satyagraha-Kampagne. Zum Erstaunen der britischen Regierung, die mit einer Kampagne zu Erlangung der Unabhängigkeit gerechnet hatte, kündigte Gandhi eine Kampagne gegen eine Kleinigkeit an: die Salzsteuer. Auf indisches Salz wurde eine Salzsteuer erhoben. Ursprünglich war diese Steuer eingeführt worden, weil die Schiffe, die Gewürze, Tee und andere Luxusgüter von Indien nach Großbritannien transportierten, nicht leer nach Indien zurückfuhren, sondern mit englischem Salz beladen wurden. Um dieses Salz verkaufen zu können, wurde indisches Salz durch die Salzsteuer verteuert. Obwohl zum Zeitpunkt der Ankündigung des Salzmarsches kaum noch englisches Salz eingeführt wurde, war die Steuer nicht abgeschafft worden. Sie hatte sich als sehr einträglich erwiesen. Für die Inder war sie jedoch fatal. Gandhi versuchte der Regierung zu verdeutlichen, wie sehr das Volk unter der Steuer litt. Ein Arbeiter musste drei Tage arbeiten, nur um die Salzsteuer aufbringen zu können. Ein Zugeständnis in Form der Abschaffung dieser Steuer wäre den Briten möglich gewesen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Auch die finanziellen Einbußen hätten sie verkraften können. Gandhi schrieb an die Regierung und kündigte eine Aktion an, falls die Salzsteuer nicht abgeschafft werde. Die Reaktion der Regierung war negativ.

Daraufhin begann Gandhi am 11. März 1930 in Ahmedabad seinen Salzmarsch. Begleitet von seinen Freunden und Schülern legte er unter der Beobachtung durch die internationale Presse in 24 Tagen 385 km zurück. Die Menschen jubelten ihm auf seinem Weg in Massen zu. Am 15 April 1930 erreichte er sein Ziel, die Stadt Dandi am arabischen Meer. Am nächsten Tag nahm er ein Bad im Meer bevor er der Menschenmasse, die sich am Strand um ihn versammelt hatte, den eigentlichen Zweck dieser Aktion erklärte. Er hob Salz auf, das sich am Strand abgesetzt hatte, und erklärte, dass auf diese Art kostenlos Salz gewonnen werden könne. In den folgenden Tagen entwickelte sich schnell ein illegaler Handel mit Salz am Strand. Englisches Salz wurde boykottiert. Der Boykott weitete sich schnell auf andere Güter aus. Im Zuge dieser Aktion wurden Gandhi und viele seiner Mitstreiter verhaftet. Die Bewegung ließ sich dadurch jedoch nicht stoppen. Am 29. Mai 1930 marschierte eine Menschenkette von Satyagrahis zum Salzbergwerk Dharasana, um es friedlich zu besetzen. Das Bergwerk wurde von Polizisten bewacht. Die Gruppe ordnete sich in Reihen mit wenigen Männern hintereinander an. Die erste Reihe schritt langsam auf die Bewacher zu. Diese wussten nicht, wie sie die Satyagrahis zurückhalten sollten und schlugen sie mit Stöcken nieder, wogegen sie sich nicht wehrten. Die Männer wurden schwer verletzt. Manche sogar getötet. Die Frauen schleppten sie zur Seite und verarzteten sie. Daraufhin bewegte sich die nächste Reihe Männer vor. Die Szene wiederholte sich - Reihe um Reihe. Beobachter der internationalen Presse waren schockiert und empört über das Verhalten der Polizisten, die wehrlose Menschen niederschlugen. Weltweit wurde darüber berichtet, was weltweites Entsetzen hervorrief. Der internationale Druck war so groß, das Gandhi im Januar 1931 aus der Haft entlassen wurde. Ab März desselben Jahres durfte indisches Salz verkauft werden.

[Dieser Satyagraha-Kampagne ist eine gesonderte Seite mit weiteren Informationen gewidmet: Salzmarsch]

Er bereiste abermals Großbritannien. Von Seiten der Bevölkerung genoss er große Achtung und Respekt. Er war eine populäre Berühmtheit und traf mit anderen Berühmtheiten wie z.B. Chaplin zusammen. In den Verhandlungen mit den Politikern, wegen denen er eigentlich gekommen war, zeigte sich ein anderes Bild. Der Unabhängigkeit Indiens kam er keinen Schritt näher. Wieder in Indien setzte er sich vermehrt für die Kastenlosen ein, die er als Gotteskinder - Harijan - bezeichnete. So begann er ein Fasten bis zum Tode, als die Briten getrennte Wahllisten für die Kastenlosen einführen wollten. Auch gründete er eine neue Zeitschrift mit dem Titel Harijan. Mit dieser Aktion, die von vielen Hindus begrüßt wurde, machte sich Gandhi Feinde unter den orthodoxen Hindus. Mehrmals wurde er verhaftet und wieder freigelassen.

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Unabhängigkeit Indiens und Tod Gandhis

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, sprach Gandhi sich ab 1939 öffentlich gegen den Krieg aus. War er in Südafrika und im ersten Weltkrieg noch für die Unterstützung der Briten eingetreten, rief er jetzt zum Boykott auf. Die Inder sollten die Briten nicht in diesem Krieg unterstützen. "Quit India" - Verlasst Indien - lautete ab 1942 die Parole. In dieser Aktion versagten die Inder die Unterstützung im Krieg, falls ihnen nicht die Unabhängigkeit gewährt würde. Gandhi wurde auf Grund dieser Kampagne erneut in Haft genommen. Er wurde von den anderen Satyagrahis isoliert und im Aga-Kahn-Palast inhaftiert. Während der Haft starb Kasturbai.

Da die Japaner 1942 kurz vor dem Einmarsch in Indien standen, brauchten die Briten die Unterstützung der Inder und ließen sich Zugeständnisse abringen. Die Unabhängigkeit Indiens wurde vom britischen Premierminister Churchill jedoch nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Gandhi wurde 1944 aus der Haft entlassen. Erst nach dem Krieg und unter der neuen britischen Labour-Regierung erreichte Indien 1947 die Unabhängigkeit, jedoch nur in Form von zwei getrennten Staaten: dem muslimischen Pakistan und dem hinduistischen Indien. Obwohl Gandhi sich mit allen Kräften dafür einsetzte, konnte er weder Muslime und Hindus noch Briten dazu bewegen, der Gründung eines gemeinsamen Staates zuzustimmen. Es fanden Völkerwanderungen der Religionsgruppen in die neuen Staaten statt. Gewalttätige Auseinandersetzungen blieben nicht aus. Gandhi versuchte, den Frieden wieder herzustellen. Er zog 1947/48 nach Kalkutta und in andere umkämpfte Städte und versuchte zu schlichten. Ein Friede schien unmöglich. Da entschloss er sich erneut zu einem Fasten bis zum Tode. Die Gesundheit Gandhis schien ernsthaft gefährdet. Beide Religionsgruppen hätten den Tod Gandhis nicht verantworten können und schlossen (für kurze Zeit) Frieden. Er zog damit den Hass fanatischer Anhänger beider Religionen auf sich.

Am 30. Januar 1948 wurde Gandhi von einem fanatischen Hindu ermordet. Er starb mit dem Wort Gott auf den Lippen.

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