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Gesetz

Parteien

Der folgende Text beleuchtet die Funktionen von Parteien im politischen System, die sie für die Demokratie unverzichtbar machen. Ein weiterer kurzer Text im Rahmen dieses Abschnitts zitiert das deutsche Parteiengesetz und die dortige Beschreibung der verfassungsrechtlichen Stellung sowie der Aufgaben von Parteien [... zum Gesetzestext].

Funktionen der Parteien im politischen System

Auch wenn in einer parlamentarischen Demokratie alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, bleibt doch zu berücksichtigen, dass das Volk nur organisiert Macht ausüben kann. Ein repräsentatives System benötigt Parteien als Mittler zwischen Bevölkerung und Regierung. Sie sind ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der modernen Demokratie, die insofern als "Parteiendemokratie" in Erscheinung tritt. Dagegen suggeriert die problematische Formel vom "Parteienstaat", die Parteien monopolisierten die politische Willensbildung. Dass dies der Wirklichkeit nicht gerecht wird, zeigt der Hinweis auf nicht-parteiliche Akteure des politischen Prozesses (Medien, Bürgerinitiativen und Interessenverbände) und auf institutionelle Bereiche (öffentliche Verwaltung, Gerichtsbarkeit), die sich dem Parteieneinfluss mehr oder weniger weitgehend entziehen.

Immerhin enthält der Begriff des "Parteienstaates" Elemente der Kritik, denen Berechtigung nicht abgesprochen werden kann: Er zielt etwa auf Tendenzen "etablierter" politischer Parteien, die als öffentlich alimentierte Organisationen ein behördenähnliches Verhalten an den Tag legen. Er benennt darüber hinaus deren Neigung, in alle Lebensbereiche (Kommunen, Verwaltungen, öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten) vorzudringen und bundesstaatliche Strukturen zentralisierend zu unterlaufen.

Die Diskussion um "Parteienstaat" und "Parteienverdrossenheit" wird ausführlich im Rahmen von Grundkurs 5 dargestellt (Welche Probleme hat die Parteiendemokratie?)

... zu Grundkurs 5

Die politische Willensbildung vollzieht sich vor allem über die Parteien. Sie fällen die wichtigsten politischen Entscheidungen und ermöglichen dem Bürger die politische Orientierung. Vorwiegend über die Mitwirkung in den Parteien lassen sich die politischen Entscheidungsprozesse beeinflussen.

Entsprechend dem Prinzip der Volkssouveränität präsentieren die Parteien der Öffentlichkeit vor der Wahl Kandidaten und Kandidatinnen. Bevor die Wahlberechtigten über die Zusammensetzung des aus Parteimitgliedern bestehenden Parlaments entscheiden, hat demnach schon eine "Vorwahl" stattgefunden. Sie ist jedoch unumgänglich, da die Bürgerinnen und Bürger anders keine Möglichkeit hätten, eine sinnvolle Auswahl zwischen Parteien und Personen zu treffen. Die Parteien dienen damit der Wahlvorbereitung.

Die "Ware" einer Partei ist ihr politisches Programm, das sie dem Wähler zur Entscheidung anbietet. Dabei erfüllen die jeweiligen Parteiprogramme vor allem zwei Hauptfunktionen. Einerseits sollen sie die Interessen der Bevölkerung artikulieren (Parteien als "Sprachrohr" des Volkes), zum anderen gehört es zu den Aufgaben der Parteiprogramme, die Willensbildung der Staatsbürger zu beeinflussen (Parteien als "Formerinnen" des Volkswillens).

Parteien dienen der politischen Führungsauslese. Wer sich politisch verantwortlich betätigt, gehört heutzutage in aller Regel einer Partei an. Die parteipolitisch ungebundene Persönlichkeit spielt im politischen Leben kaum mehr eine Rolle.

Parteien, die die Regierung stellen, sollen den Staat politisch leiten. Sie besetzen die führenden Positionen mit ihren Mitgliedern. Ihre Möglichkeiten, die Minderheit zu "majorisieren", sind (neben den verfassungsrechtlichen Schranken) auch insofern begrenzt, als die Regierungsparteien nur ein Mandat auf Zeit besitzen. Parteien, die sich in der Opposition befinden, sehen ihre Aufgabe darin, die Regierung zu kritisieren, zu kontrollieren und Alternativen aufzustellen, damit möglichst schnell ein Wechsel eintritt.

Parteien bündeln, wählen und drücken Interessen unterschiedlichster Richtungen aus. Alle Vorstellungen lassen sich nämlich nicht ungefiltert repräsentieren. Die Parteien müssen versuchen, zwischen den gesellschaftlichen Gruppen einen Ausgleich zu schaffen, damit sich die einander widerstreitenden Konflikte nicht zuspitzen.

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Demokratietheorie und Parteien

Dass es in jeder Gesellschaft unterschiedliche Meinungen, Bedürfnisse und soziale Konflikte gibt, ist eine alltägliche Erfahrung, die Vorstellung eines einheitlichen Volkswillens und vorgegebenen Gemeinwohls dagegen eine fixe Idee. Vielmehr ist die gesellschaftliche Wirklichkeit durch rivalisierende Interessen gekennzeichnet, die nicht selten unvermittelt aufeinanderprallen. Um auftretende Konflikte friedlich zu schlichten, muss die politische Willensbildung in einem offenen Prozess der Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Gruppeninteressen vor sich gehen, wobei ein Minimum gemeinsamer Überzeugung erforderlich ist ("Konkurrenztheorie der Demokratie"). Parteien vertreten dabei partikulare Interessen und arbeiten mit diversen Interessengruppen zusammen. Erst wenn die divergierenden Interessenlagen offen zum Ausdruck kommen und die Parteien sich das Recht zur Vertretung dieser Interessen wechselseitig zuerkennen ("Übereinstimmung im Grundsätzlichen"), wird der Weg zu einem geregelten Austrag der Konflikte und zur Kompromissbildung frei. Selbstverständlich muss dabei die Parteienfreiheit gewährleistet sein. Sie bedeutet, dass die Gründung politischer Parteien frei ist; die Bürgerinnen und Bürger besitzen das Recht, einer Partei anzugehören und sich in ihr frei zu betätigen. Parteienfreiheit schließt auch ein, dass niemand gezwungen werden kann, einer bestimmten Partei beizutreten oder gegen seinen Willen in ihr zu verbleiben. Die Bejahung der Parteienvielfalt ist ein Ausfluss der Konkurrenztheorie der Demokratie, die der westlichen Demokratieauffassung entspricht.

Wer dagegen im Gefolge einer an dem Konzept des französischen Staatsphilosophen Jean-Jacques Rousseau orientierten Demokratietheorie ("identitäre" Demokratietheorie) von einer Homogenität des "Volkswillens" ausgeht, wird sich die Maxime zu eigen machen, Demokratie bedeute Identität von Regierenden und Regierten. Er kann Parteien nicht mehr als legitim ansehen, da sie den einmal für richtig erkannten Gemeinwillen notwendigerweise verfälschen. Abweichungen vom vorgegebenen und verbindlichen Gemeinwohl werden nicht toleriert.

[Uwe Backes/Eckhard Jesse; aus: Informationen zur politischen Bildung 207, Parteiendemokratie, BpB 1996]

[Nähere Informationen zur Demokratietheorie, zur Konkurrenz- und Identitätstheorie der Demokratie und zu J.-J. Rousseau finden Sie auf D@dalos im Rahmen des Themenkomplexes Demokratie. Klicken Sie unten auf dieser Seite auf den Link "Demokratie"]

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