Modell 4

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Parteien

Parteien und Medien - Modell 4:

Das Biotop-Modell

Für alle drei bisherigen Modelle — top-down, Mediokratie und bottom-up — sprachen plausible Gründe, empirische Fakten und jeweils Protagonisten aus der Literatur. Also liegt das ideale Modell vielleicht einfach in der allgemeinen Symbiose von Alles-hängt-mit-allem-zusammen, irgendwie? Das wäre sicher zu einfach, und es wäre auch unbefriedigend, denn ein solches allseitiges unspezifisches Interdependenz-Modell wäre konturen- und profillos.

(...) Jüngere empirische Untersuchungen in Deutschland bestärken eher die These vom Biotop zwischen Politikern und Journalisten. Werner Patzelt hat in seinen Intensivinterviews immer wieder das enge Zusammenwirken von Politikern und Journalisten bestätigt gefunden, wie die typische Äußerung eines Bundestagsabgeordneten belegt: »Also, wir spielen auch gut zusammen. Wenn der (Journalist) sagt: >Paß auf, könntest du das nicht mal hochfahren?< — ich greife es sofort parlamentarisch auf, und die bespiegeln das wieder.«

Die Beziehungen von Politikern und Journalisten sind eine »Art Tauschverhältnis mit wechselseitiger Abhängigkeit«.

Dem Nutzen des Politikers
- persönliche Publicity,
- Thematisierung eines ihm nützlichen Themas,
- De-Thematisierung eines ihm schadenden Themas,
- Informierung durch Journalisten (z.B. über Konkurrenten),
- Gewogenheit des Journalisten,
steht ein reziproker Nutzen des Journalisten gegenüber. Auch er hat ein Interesse an persönlichem Prestige, Thematisierung eines nützlichen Themas und De-Thematisierung eines Themas, das er nicht favorisiert, die langfristige Informierung durch Politiker (z.B. über konkurrierende Journalisten) und die langfristige Gewogenheit von Politikern. Beide verfolgen insofern ein gemeinsames Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der politischen Kommunikation, trotz partieller unterschiedlicher Intentionen und Interessen.

Beide können sich dabei in Abhängigkeiten verstricken, sie werden dann zu interagierenden Akteuren in Verhandlungsnetzwerken. (...) Der Journalist muss seine speziellen Quellen pflegen, der Politiker seine vertrauten Diskussionspartner. Beide taumeln schwerelos durch die künstliche Atmosphäre der Raumkapsel. Das Publikum bleibt unten auf dem Boden und beobachtet das seltsame Tun der beiden im Fernsehen.

(...) Wenn der neuerdings modische Begriff der politischen Klasse überhaupt Sinn macht, dann muss er auf dieses Biotop von Politikern und (...) angewandt werden. Hier ist durchaus der Begriff »Schattenpolitik« angebracht. Die Bevölkerung kann dieses Miteinander und Gegeneinander, diesen Schlagabtausch von Inszenierungen und Skandalen, »Hosianna«- und »Kreuziget-Ihn«-Rufen nur wie sprachlose Zuschauer beim Tennis beobachten: mit offenem Mund von links nach rechts blickend.

[aus: Ulrich von Alemann, Parteien und Medien, in: O. Gabriel u.a. (Hg.), Parteiendemokratie in Deutschland, Bonn BpB 1997]

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