Grundkurs 5

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Parteien

Grundkurs 5: Welche Probleme hat die Parteiendemokratie?

Parteien sind
wichtig...

Parteien - so haben wir in allen bisherigen Grundkursen festgestellt - sind unverzichtbar für die moderne Demokratie. Viele gehen sogar so weit zu sagen, dass moderne Demokratie nur als Parteiendemokratie vorstellbar ist. Als die zentralen Mittler zwischen "Volk" und "Staat" sind sie unverzichtbar, obwohl sie diese Rolle keineswegs alleine, sondern im Verbund mit Verbänden, Bürgerinitiativen und vor allem eng verbunden mit den Medien wahrnehmen, wie wir in Grundkurs 3 gesehen haben.

...aber
unbeliebt!

Trotzdem sind Parteien oftmals unbeliebt. Wenn Bürgerinnen und Bürger nach ihrem Vertrauen in die politischen Institutionen ihres Landes befragt werden, finden sich die Parteien in der Regel ziemlich am Ende der Vertrauensskala wieder. Die Rede ist von einem "Antiparteienaffekt" und von "Parteienverdrossenheit". Was sich hinter diesen Begriffen verbirgt und wo die Ursachen für das häufig geringe Ansehen der Parteien liegen, ist das Thema dieses Grundkurses.

Der folgende Text spricht einige der Probleme an, die im Rahmen dieses Grundkurses behandelt werden, und kommt zu dem Schluss, dass zur Parteiendemokratie keine Alternativen in Sicht sind, was nicht heißt, dass nicht vieles verbesserungswürdig ist. Am Ende der Seite finden Sie einen Überblick über die Problemkreise, die wir für eine nähere Betrachtung ausgewählt haben.

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Antiparteienaffekt

Trotz oder gerade wegen der Bedeutung, die das Parteienwesen in der modernen Massendemokratie hat, dürfen Mängel der Parteiendemokratie nicht verharmlost werden, damit sich durch Reformen Abhilfe schaffen lässt.

Noch immer erschwert das unzureichende Verständnis vieler Bürger für die Parteien deren Arbeit. Die traditionelle Abneigung hat verschiedene Ursachen (...). Für einen Teil der Öffentlichkeit gelten legitime politische Auseinandersetzungen noch immer als "Parteiengezänk", und dass Minister politischen Parteien angehören müssen, wird keineswegs einhellig bejaht. Manche meinen, ein "neutraler Fachmann" könnte die anstehenden Aufgaben besser lösen. Zu bedenken bleibt jedoch, dass sich die strikte Trennung zwischen "sachlich" bzw. "fachlich" einerseits und "politisch" andererseits nicht aufrechterhalten lässt. Die vielen, teilweise widerstreitenden und längst nicht immer vollständig einlösbaren Anforderungen, Ansprüche und Interessen verlangen politische Entscheidungen.

Traditionelle Formen des Antiparteienaffektes haben sich zwar, wie die Forschung zur politischen Kultur zeigt, im Laufe der Zeit abgeschwächt (...). Alte Vorurteile in neuern Gewand haben aber vor allem in der jüngeren Generation zugenommen. Nicht wenige junge Menschen machen ihre ersten politischen Erfahrungen heute nicht mehr in den Parteien, sondern in vielfältigen, locker gefügten Initiativen auf lokaler und regionaler Ebene, die sich mit Themen der Umwelt, des Friedens, des Feminismus, der Dritten Welt oder des "Antifaschismus" auseinandersetzen. Die "etablierten" Parteien gelten bei manchen Jugendlichen als "erstarrt" und " verkrustet", deren Mitglieder als "Karrieristen", ihre innere Organisation als wenig demokratisch und ihr Finanzgebaren als unseriös. Viele dieser Urteile beruhen nicht auf eigenen Erfahrungen, sondern geben wieder, was in der Protest- und Alternativszene gedankliches Gemeingut ist. Auch wenn vieles davon in dieser Verallgemeinerung überspitzt und nicht immer zutreffend formuliert ist, darf man nicht übersehen, dass Kritik an den "Etablierten" grundsätzlich auch ihre Berechtigung hat und keineswegs stets auf mangelnder Einsicht in die Funktionsbedingungen einer pluralistischen Demokratie gründet (...). 

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Keine Alternativen zur Parteiendemokratie

In der freiheitlichen Demokratie werden Parteien auch in Zukunft unverzichtbar sein. Dabei wird ihre Konkurrenz- und Überlebensfähigkeit davon abhängen, wie flexibel sie auf neue Situationen und Erwartungen reagieren. Den einzig richtigen Weg zur Überwindung der gegenwärtigen Parteienverdrossenheit gibt es nicht. Die Klientel der Parteien stellt unterschiedliche Ansprüche. Bei allen Vorzügen der Volksparteien dürfte die Existenz anderer Parteitypen zur Vitalität und Leistungsfähigkeit des Parteiensystems beitragen. Es ist keineswegs ausgemacht, dass die gegenwärtige Tendenz zur Einführung direktdemokratischer Elemente sich wirklich in allen Parteien auch positiv auswirken wird. Die Argumente, die auf der Ebene des politischen Systems für repräsentative und gegen plebiszitäre Demokratie sprechen (u. a. Gefahr sinkender Flexibilität und Effizienz, der Demagogie, der abnehmenden Kompromissfähigkeit, der qualitativen Verschlechterung von Personal- und Sachentscheidungen), werden sich auch innerparteilich auswirken.

Zudem ist die innerparteiliche Partizipation nur einer von mehreren Problembereichen. So wird es auch darauf ankommen, dass die Parteien sich in Selbstbeschränkung üben und nicht alle gesellschaftlichen Bereiche mitbestimmen. Nur so lässt sich das grassierende Parteibuchbeamtentum vermindern. Außerdem muss es darum gehen, die Qualität der innerparteilichen Personalauswahl zu steigern, indem mehr Seiteneinsteiger eine Chance erhalten. Das innerparteiliche Hochdienen ("Ochsentour") und das Berufspolitikertum bergen nämlich die Gefahr in sich, dass sich die politische Klasse zu sehr von der Gesellschaft und ihren Problemen vor Ort entfernt.

Das Parteienwesen ist schon häufig totgesagt worden. Jedoch sprechen viele Anzeichen dafür, dass das Parteiensystem in modernen Industriegesellschaften (...) — obwohl oder gerade weil seine Situation heute offener als noch vor einigen Jahren erscheint — seine Lebens- und Funktionsfähigkeit allen Schwächen zum Trotz so bald nicht einbüßen wird. Wenn sich die demokratischen Parteien die Fähigkeit zur stetigen Selbsterneuerung bewahren, brauchen sie die Zukunft nicht zu fürchten.

[Uwe Backes/Eckhard Jesse, aus: Informationen zur politischen Bildung 207, Parteiendemokratie, Bonn BpB 1997]

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Was sind die wichtigsten Kritikpunkte an Parteien?

Das Problem der Ämterpatronage
Das Problem oligarchischer Tendenzen in Parteien
Das Problem der mangelnden Repräsentativität und damit der Legitimation
Die Diskussion um die beherrschende Stellung der Medien
Die Diskussion um die Entartung der Parteiendemokratie zum Parteienstaat

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