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Parteien

USA

Demokraten ("Esel") und Republikaner ("Elefanten") bilden das Zweiparteiensystem der USA, das sich wesentlich von Parteiensystemen parlamentarischer Systeme unterscheidet. Die Besonderheiten der Geschichte und des politischen Systems der USA (siehe Abschnitt "Hintergrund") haben zu einer spezifischen Ausgestaltung des Parteiensystems geführt, die in diesem Abschnitt näher beleuchtet wird.

Neben dem einführenden Text auf dieser Seite stehen folgende Materialien zum Parteiensystem der USA zur Verfügung:

Überblick

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Parteien und Wahlen in den USA

Besonders unverständlich sind dem Europäer die Parteien und Wahlen in den USA. In Europa, zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland, sind die Parteien und die Wahlen in der Verfassung beschrieben. Die Parteien haben wohldurchorganisierte, über das Land verteilte Parteiorganisationen mit festem Mitgliederstamm. Sie haben ausgearbeitete, oft ideologisch ausgerichtete Parteiprogramme. Sie haben eine Hierarchie von Parteifunktionären, an deren Spitze ein gewählter Führer steht, der bei der Mehrheitspartei oft Regierungschef ist und bei der Minderheitspartei die Opposition führt. Nicht so in den USA. Die Verfassung erwähnt Parteien mit keinem Wort. Sie entstanden beim Ringen um die Verfassung und haben im Laufe der fast 200 Jahre ihre Namen mehrmals geändert. Sie verfügen über keinen durchorganisierten Parteiapparat. Sie bestehen vielmehr aus einer Unzahl lokaler Parteikomitees, die im Einzelstaat ein ziemlich unabhängiges Dasein führen und sich nur zu Wahlen zu losen Interessenkoalitionen zusammenschließen. Es gibt dementsprechend keine feststehende Hierarchie von Parteifunktionären und Parteiführern. Es gibt auch kein von Parteitagen genehmigtes verbindliches Parteiprogramm mit ideologischen Zukunftsperspektiven. Bei den Wahlen stehen aktuelle Probleme zur Diskussion und ihre möglichst pragmatischen Lösungsmöglichkeiten. Nach den Wahlen zerfallen die Parteien wieder in ihre lokalen Fragmente.

Die Wahlen finden seit 200 Jahren nach dem Mehrheitsprinzip statt, das heißt, der Kandidat ist gewählt, der im Wahlkreis die meisten Stimmen erhalten hat. So haben nur Kandidaten von großen Parteien Chancen. Das hat zur Folge, dass seit Anbeginn nur zwei Parteien das politische Leben bestimmt haben. Das erklärt die beachtliche Stabilität seit der Staatsgründung.

Beiden Parteien ist gemeinsam die Bejahung der bestehenden Verfassungsordnung und das Bekenntnis zu den Werten der bürgerlich-liberalen Demokratie. Ihre Haltung ist meist konservativ, so dass von ihnen kaum Anstöße zu revolutionären Veränderungen in der Gesellschaft ausgehen kann. Der zur Wahl aufgestellte Kandidat muss sich angesichts der allgemein geringen Wahlbeteiligung (um 50 %) bemühen, über die lokalen Parteiorganisationen hinauszugreifen und maßgebliche Interessensgruppen, Vereinigungen, Verbände aller, auch ethnischer, Art sowie den uninformierten Einzelwähler für sich zu gewinnen suchen. Oft ist auch Bestechung oder Manipulation im Spiel. All das hat wiederum zur Folge, dass der gewählte Kandidat sich seinen lokalen Wählern mehr verpflichtet fühlt und ihre Interessen eher verfolgt als die seiner Partei. Das kann er um so leichter, als es im Parlament weder Parteidisziplin noch Fraktionszwang im europäischen Sinne gibt. So nimmt es nicht wunder, dass zum Beispiel der Präsident sich immer wieder um jeden Abgeordneten seiner Partei und der Opposition im Kongress bemühen muss, damit seine Gesetzesvorlage die notwendige Stimmenmehrheit erhält. Anderseits wird er kaum mit der Unterstützung aller Abgeordneten seiner eigenen Partei rechnen können, wenn es gilt, unpopuläre Gesetze zu verabschieden.

Für Europäer ist es nicht leicht, die Unterschiede zwischen der Demokratischen und der Republikanischen Partei zu erkennen. Mit Vorbehalt lässt sich sagen, dass die Demokratische Partei eher die Partei der Ärmeren, der Minderheiten ist und deshalb öfter für soziale Forderungen eintritt. Ihre Wähler sind unter den Ärmeren aus den Südstaaten und in den Großstädten mit Arbeitern und [hohem Anteil an afroamerikanischer Bevölkerung / Originaltext: 'Negerbevölkerung'] zu finden. Die Republikanische Partei vertritt mehr die Interessen der Wirtschaft, sie tritt für das freie Spiel der Kräfte und weniger für den Ausbau eines Wohlfahrtsstaates ein. Es sind die mittelständischen, weißen, protestantischen Wähler der Vorstädte, die dazu neigen, republikanisch zu wählen.

Aus der Sicht der Europäer ist die Schwäche der politischen Parteien unverkennbar: Ihre dezentralisierte Organisation mit nur wenigen Parteiangehörigen, ihr vorwiegend lokal orientiertes Interesse, ihre Abhängigkeit von Interessengruppen und das mangelhafte Verantwortungsgefühl gegenüber notwendigen, aber unpopulären Gesetzesvorhaben des Bundes stärken den Amerikaner in seinem Vorurteil, dass Politik ein übel ist und Politiker wenig vertrauenswürdig sind. Die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung zwischen 40 und 60% schwankt, bestätigt diese Ansicht.

Wenn es nur ein loses Parteiprogramm gibt und die Parteien die Politik nicht maßgeblich bestimmen, "wer regiert dann eigentlich Amerika?". Diese Frage wird immer wieder besorgt gestellt mit dem Verdacht, dass es mächtige Interessenverbände gibt, die die Politiker, auch den Präsidenten, in ihrem Sinne steuern bzw. kontrollieren. Schon der Abgeordnete ist bei seiner Wahl auf die handfeste Unterstützung von Interessenverbänden angewiesen, und es versteht sich von selbst, dass die Verbindung nach der Wahl nicht abreißt. Die Institution der Lobby hat ihre Aufgaben übernommen (genannt nach der Eingangshalle im Parlament, in der Besucher Abgeordnete sprechen können). Allein in Washington gibt es offiziell Verbindungsmänner von 3000 Interessenverbänden, die ständig Kontakt mit den Politikern suchen und sie in ihrem Sinne zu beeinflussen trachten. Das mag noch legitim sein, solange sie mit ihren Spezialkenntnissen die Ministerialbeamten und Politiker bei der Ausarbeitung von Gesetzen fachkundig beraten. Fragwürdig wird aber ihre Tätigkeit, wenn sie die Politiker bestechen oder anderweitig korrumpieren oder als "pressure groups" Druck ausüben und ihre Interessen auf Kosten der Allgemeinheit durchzusetzen versuchen. Gemeint sind neben "big business", den machtvollen vielgestalteten Wirtschaftsverbänden zum Beispiel die Rüstungsindustrie, oder "big labour", die Gewerkschaften, ferner nationale Farmerverbände, Veteranen-, Ärzte- und Lehrerverbände und viele andere, insgesamt mehrere Tausend. Die Zahl ihrer Vertreter übertrifft die Zahl der Abgeordneten um ein Vielfaches.

[aus: Ernst Rudolf Voigts: Die Vereinigten Staaten von Amerika, Informationen zur politischen Bildung 156, Bonn BpB 1979]

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