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Grundkurs 2:
Was bedeutet Frieden?
Die Friedenspädagogik steht als
Vermittlungsorgan zwischen der wissenschaftlichen Theorie - im wesentlichen der
Friedens- und Konfliktforschung - und der adressatenbezogenen Praxis, der
Friedenserziehung. Diese zweite Grundkurssequenz widmet sich den zentralen
Begriffen Frieden, Krieg, Gewalt und Konflikt, fragt also nach den Erkenntnissen
der Friedens- und Konfliktforschung. Sie bilden den Hintergrund sowohl für die
friedenspädagogische Arbeit, um die es in Grundkurs
3 geht, als auch für die praktischen Ansätze der Friedenserziehung, die in
Grundkurs 4 vorgestellt werden.
Was bedeutet Frieden? - Mit dieser Leitfrage ist der Grundkurs überschrieben.
Eine erste Antwort könnte lauten: Das Gegenteil von Krieg. Daran schließt sich
die Frage an, wie Krieg definiert werden könnte. Dass dabei die Begriffe Gewalt
und Konflikt ins Spiel kommen müssen, versteht sich von selbst. Und damit ist
der Themenkreis dieses Grundkurses auch schon umrissen: Ist Frieden wirklich mit
der Abwesenheit von Krieg angemessen umschrieben? Müssen andere Faktoren
hinzutreten? Was ist mit dem Begriff der Sicherheit? Welche Rolle spielt
Gerechtigkeit? Sind Verhältnisse denkbar, die zugleich friedlich und ungerecht
sind?
Sicher lassen sich diese Fragen, die Politik und politische Philosophie seit
jeher beschäftigt haben, im Rahmen eines Grundkurses nicht erschöpfend
beantworten. Ziel des Abschnitts ist es, Anregungen zur selbständigen
Beschäftigung mit diesen Problemfeldern zu geben. Den Ausgangspunkt bildet die
Feststellung, dass es analytisch sinnvoll sein könnte, nicht mit exakten
Definitionen von Krieg (was schwierig wäre) und Frieden (was unmöglich wäre)
beginnen zu wollen, sondern sich ein Kontinuum vor Augen zu führen, wie es die
folgende Grafik zeigt:
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Den (unsichtbaren) Hintergrund des
Kontinuums bildet der Konflikt als Grundtatbestand des Lebens. Konflikte gibt es
immer und überall. Die entscheidende Frage ist, ob die Konflikte mit Gewalt
bearbeitet werden oder nicht. Durch die Zivilisierung des Konflikts als
Wendepunkt wird das Kontinuum in zwei Hälften geteilt. Krieg und Frieden bilden
die beiden Extreme. Das entscheidende Kriterium ist das Maß an Gewalt: Ist sie
in extremem Maß vorhanden, herrscht Krieg. Ist ein extrem hohes Maß an
Gewaltlosigkeit vorhanden - was immer das heißen könnte - herrscht Frieden.
Aktueller und struktureller Gewalt auf der linken Seite stehen Kooperation und
Integration auf der rechten Seite gegenüber.
Die Grafik vermittelt einen ersten Eindruck davon, wie man die Begriffe Krieg
und Frieden, Gewalt und Konflikt zueinander in Beziehung setzen könnte. Und sie
verweist darauf, dass man sich mit diesen Begriffen angemessen nur in der
Zusammenschau beschäftigen kann. Dass die einzelnen Abschnitte dieses
Grundkurses jeweils einen Begriff in den Mittelpunkt stellen, darf
darüber nicht hinwegtäuschen.
Weitere Abschnitte im Rahmen von Grundkurs 2:
"A culture of peace will
be achieved when citizens of the world understand global problems, have
the skills to resolve conflicts and struggle for justice non-violently,
live by international standards of human rights and equity, appreciate
cultural diversity, and respect the Earth and each other." –
Hague Appeal for Peace, Global Campaign for Peace Education Statement |
[Autor: Ragnar Müller]
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