Krieg
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Eine typische Definition von Krieg, wie sie in der Politikwissenschaft verwendet wird, lautet folgendermaßen:


"Bei Krieg handelt es sich um einen bewaffneten Massenkonflikt, der folgende Merkmale aufweist:

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Zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte sind an den Kämpfen beteiligt, wobei es sich mindestens in einem Fall um eine reguläre Armee oder andere Regierungstruppen handelt.

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Das Vorgehen beider Teilnehmer entfaltet sich in zentral gelenkter, organisierter Form, auch wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg).

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Die bewaffnete Auseinandersetzung besteht nicht aus spontanen, sporadischen Zusammenstößen. Beide Parteien gehen systematisch vor."

[aus: Istvan Kende, Kriege nach 1945. Eine empirische Untersuchung, Frankfurt/Main 1982]

Die Auflistung mehrerer Bedingungen in dieser Definition, die gegeben sein müssen, damit man von einem Krieg sprechen kann, weist schon darauf hin, dass die Abgrenzung des Krieges von anderen bewaffneten Konflikten schwierig ist. Legt man dieses Verständnis von Kriegen zugrunde, fällt die Bilanz hinsichtlich der Kriege seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ernüchternd aus:


Einige Zahlen zu den Kriegen seit 1945:

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Die Welt war seit 1945 lediglich 26 Tage ohne Krieg.

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Die Häufigkeit der Kriege nimmt beständig zu: 1945: 3 Kriege, 1955: 15 Kriege, 1975: 21 Kriege, 1985: 33 Kriege, 1995: 43 Kriege.

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Die Kriegsdauer nimmt zu: 41 Kriege erstreckten sich über mehr als 10 Jahre, 26 Kriege über mehr als 5 Jahre.

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Die Anzahl an Toten und das Maß an Zerstörung nimmt zu. Außerdem sind zunehmend Zivilisten Opfer der Kriege: Der Anteil der Zivilbevölkerung an den Kriegsopfern stieg von etwa 50% bis Ende der 70er Jahre auf 75% in den 80er Jahren und fast 90% in den 90er Jahren. Insgesamt haben die Kriege seit 1945 zwischen 25 und 35 Millionen Tote gefordert.

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Zwischen 1945 und 1992 wurden 124 Kriege beendet, davon 28 durch einen Sieg und 36 durch eine Niederlage des Angreifers, 7 durch Abbruch der Kämpfe, 16 durch Einigung der Kriegsparteien ohne Vermittler, 37 durch Vermittlung Dritter.

[Zahlen aus: Istvan Kende, Kriege nach 1945. Eine empirische Untersuchung, Frankfurt/Main 1982]

Diese Zahlen deuten auch an, dass das Zeitalter der "klassischen", d.h. der zwischenstaatlichen, Kriege vorbei ist. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der Terroranschläge in New York und Washington am 11. September 2001 ist eine Diskussion über den Begriff des Krieges und über die Anpassung des Völkerrechts an diese neue Situation in Gang gekommen. Vielfach wird von "neuen Kriegen" gesprochen:


"Die 'neuen' Kriege, in denen Warlords und Terrorbanden agieren, sind so neu nicht. 'Privatisierte' kriegerische Gewalt gab es vor der Epoche der Staatlichkeit schon einmal in großem Maßstab. (...) Von den nach 1945 weltweit geführten Kriegen waren allenfalls ein Drittel zwischenstaatliche Kriege im herkömmlichen Sinn. Bei den restlichen zwei Dritteln handelt es sich um innergesellschaftliche und transnationale Kriege, in denen lokale Milizen, international rekrutierte Guerillagruppen, weltweit agierende Terrornetzwerke sowie regionale Warlords gegeneinander Krieg führten. Davon, dass die Staaten die legitimen wie faktischen Monopolisten des Krieges sind, wie dies in Europa von der Mitte des 17. bis ins 20. Jahrhundert der Fall war, kann keine Rede mehr sein. Der Krieg hat sich seiner Fesselungen an die Staatlichkeit, die ihm völkerrechtlich mit dem Westfälischen Frieden angelegt worden sind, entledigt, er hat sich entstaatlicht, um nicht zu sagen privatisiert. Der einstige Kriegsmonopolist Staat konkurriert mit parastaatlichen und privaten Akteuren, mit Warlords, Söldnern und netzförmig miteinander verbundenen Terrorgruppen, die untereinander, aber auch gegen Staaten Kriege führen."

[aus: Herfried Münkler, Das Ende des "klassischen" Krieges. Warlords, Terrornetzwerke und die Zukunft kriegerischer Gewalt; in: Neue Zürcher Zeitung vom 14.09.2002, S. 73]

Weitere Anregungen zur Beschäftigung mit dem Begriff des Krieges:

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Ethologie: Was sagen Verhaltensforscher zum Krieg?

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Kriegsursachen: Die Erforschung von Kriegsursachen zählt zu den zentralen Arbeitsgebieten der Friedens- und Konfliktforschung

Kaum ein Friede ist so ungerecht, als dass er nicht dem scheinbar gerechtesten Krieg vorzuziehen wäre – Erasmus von Rotterdam

[Autor: Ragnar Müller]

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