Basics
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Friedenspädagogik



Im folgenden Textausschnitt listen Günther Gugel und Uli Jäger vom Institut für Friedenspädagogik Tübingen die grundlegenden "friedenspädagogischen basics" auf, um immer wieder aufkommender Kritik an der naiven und/oder einseitigen Perspektive der Friedenspädagogik zu begegnen.

"Friedenspädagogischen Ansätzen wird gelegentlich immer noch eine verklärende naive Weltsicht, verbunden mit doktrinärem Pazifismus und permanenter Indoktrination unterstellt. Solche Stimmen haben offensichtlich weder die differenzierten Ansätze noch die Grundlagen und Grundüberzeugungen von Friedenspädagogik, wie sie etwa im Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V. angewendet werden, zur Kenntnis genommen. Zu den „friedenspädagogischen Basics“ gehören:

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Verknüpfung und Mikro- und Makroebene: Die Fragen nach den Ursachen von Unfrieden und Gewalt, nach den Bedingungen des Friedens und den Möglichkeiten ziviler Entwicklung werden konsequent sowohl auf der individuellen, der gesellschaftlichen wie auch der internationalen Ebene aufgegriffen, um gegenseitige Abhängigkeiten und Vernetzungen deutlich zu machen.

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Ganzheitlichkeit: Die Verbindung von individuellem und kollektivem, von persönlichem und politischem wird bei der Initiierung und Begleitung von Lernprozessen systematisch berücksichtigt.

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Perspektivenwechsel: Der vertretene Blickwinkel „von unten“ bedeutet immer auch, dass andere Sichtweisen und „Gegeninformationen“ selbstverständliche und wichtige Teile der Sachauseinandersetzungen sind.

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Differenzierung des Friedensbegriffes: Die Skepsis gegen „verordnete Vorstellungen“ und Definitionen dessen, was Frieden sei und wie dieser zu erreichen sei, ermöglicht die Entwicklung eigener Vorstellungen und setzt Kreativität frei.

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Denken in Alternativen: Die Skepsis gegenüber Politikansätzen, die Glauben machen wollen, Gewaltanwendung (und Kriege) seien eben in bestimmten Situationen doch notwendig, um „Ordnung“ wieder herzustellen (Terrorismus zu bekämpfen, Bedrohungen zu reduzieren, legitime eigene Interessen zu schützen...) schult das Denken in Alternativen.

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Selbstreflexion: Das programmatische kritische Hinterfragen von wahrgenommener Wirklichkeit schließt auch die eigenen Sichtweisen mit ein und fördert die eigene Kritikfähigkeit.

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Wissenschaftsbezug: Die Nähe zur Friedens- und Konfliktforschung mit ihren (nicht immer eindeutigen, aber doch anregenden) Forschungsergebnissen ermöglicht die wissenschaftliche Fundierung der Praxis.

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Perspektivität: Hinterfragbare und transparente Visionen, wie ein anderes, friedlicheres, gewaltfreieres, sozial gerechteres Zusammenleben aussehen und wie dies bereits auf dem Weg dorthin sichtbar werden kann, vermittelt Zukunftsperspektiven.

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Gewaltfreiheit: Das Zutrauen in die Macht der Gewaltfreiheit, das Gewaltfreiheit nicht als Schwäche, sondern als Stärke begreift und mit dem Aufzeigen von konkreten Ansätzen, Handlungsmöglichkeiten und Erfahrungen in ziviler Konfliktbearbeitung verbunden ist, führt zu humanitären Handlungsgrundsätzen.

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Langfristigkeit: Das Wissen darum, dass pädagogische Ansätze einer langfristigen Perspektive bedürfen, sowie das Wissen um die Beschränktheit der eigenen Arbeitsansätze schützt vor Resignation und ermöglicht realistische Vorgehensweisen.

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Weg-Ziel-Homogenität: Das Wissen um die Zusammengehörigkeit von Ziel, Inhalt und Methode in der Erziehungs- und Bildungsarbeit erleichtert die Glaubwürdigkeit und ist Leitbild für methodisch-didaktisches Vorgehen.

Der österreichische Friedenspädagoge Werner Wintersteiner formuliert in seiner Arbeit „Pädagogik des Anderen“ den Kern der Friedensidee als „Umgang mit dem Anderen, der von Respekt statt von Einverleibung oder Unterdrückung gekennzeichnet ist, der die Andersartigkeit des Anderen akzeptiert und sich von ihr berühren lässt, ohne sie auszulöschen. Eine Pädagogik des Anderen ist selbst Praxis dieser Begegnung. Sie ist ihre eigene Aussage, sie verkörpert ihre Lehre“."

[aus: Günther Gugel / Uli Jäger, Friedenspädagogik nach dem Irak-Krieg: Kontinuität und neue Ansätze; in: kursiv 4/2003]

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