| |
|
Der folgende Textausschnitt von Günther Gugel und Uli Jäger macht am
Beispiel des Rechtsextremismus in Deutschland auf die Grenzen der
Friedenserziehung aufmerksam, die es in Rechnung zu stellen gilt, wenn
man sich keinen Illusionen über die Wirksamkeit friedenserzieherischer
Maßnahmen hingeben will. |
"(...) In der
Friedenserziehung muss auch realisiert werden, wie gering ihre Einflussmöglichkeiten
und wie vielfältig und stark die Einflüsse sind, welche ihren Zielen
entgegenstehen. So weiß man in der Friedenspädagogik, dass Menschen in der
Regel nicht nur durch das erzieherisch intendierte Verhalten von Eltern,
LehrerInnen oder ErzieherInnen geprägt werden, sondern auch durch ihre alltäglichen
Erfahrungen, durch die Art und Weise, wie das gesellschaftliche Zusammenleben
organisiert ist und wie mit Problemen umgegangen wird.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Grenzen für die
Friedenserziehung wahrgenommen und in das Handeln einbezogen werden, damit
falsche Hoffnungen und Illusionen vermieden werden können. Am Beispiel des
gegenwärtigen Umgangs seitens Politik und Gesellschaft mit dem (jugendlichen)
Rechtsextremismus wird deutlich, wie eng die Grenzen für Friedenserziehung
selbst dann gezogen sind, wenn ein großer Teil der Gesellschaft den
Rechtsextremismus verurteilt.
Denn Friedenserziehung kann weder gesellschaftliche Grundprobleme wie
unzureichend vorhandene bzw. ungerecht verteilte materielle Ressourcen lösen
noch die Vernachlässigung der Jugendbildung ausgleichen. Friedenserzieherische
Maßnahmen gegen Rechtsextremismus werden erschwert, wenn politisch
Verantwortliche in allen Parteien nicht in der Lage sind oder sein wollen, das
gesellschaftliche Klima für AusländerInnen und Flüchtlinge freundlicher zu
gestalten.
Friedenserziehung wird der Boden entzogen, wenn - mit Blick auf schnelle Lösungen
- Millionen-Beträge in Projekte gesteckt werden, die pädagogisch fragwürdig
sind. Alle Bekenntnisse für ein friedliches Miteinander der Menschen bleiben
Makulatur, wenn Mittel für Aufklärungskampagnen gekürzt, Fördermittel für
kritische Filmprojekte gestrichen werden oder wenn bei der Ausbildung für
ErzieherInnen und LehrerInnen gespart wird.
Friedenserziehung bedarf günstiger politischer Rahmenbedingungen, die ihre
Institutionalisierung fördern und eine systematische und kontinuierliche Arbeit
gewährleisten. Nur dann hat Friedenserziehung die Chance, ihre Wirksamkeit
umfassend entfalten zu können. Dies war leider auch im Wohlstandsland
Deutschland nie der Fall. So bleibt Friedenserziehung oftmals nicht viel mehr übrig,
als kontinuierlich auf bedrohliche Situationen und Entwicklungen hinzuweisen,
damit sie nicht vergessen oder verdrängt werden, die Verantwortlichen zu
benennen, Gegenvorschläge zu unterbreiten und im Kleinen an der großen Veränderung
zu arbeiten."
[Günther
Gugel / Uli Jäger: Gewalt muss nicht sein. Eine Einführung in friedenspädagogisches
Denken und Handeln. 3. Aufl., Tübingen 1997; Internetversion: http://www.friedenspaedagogik.de/themen/f_erzieh/fe3.htm]
[Seitenanfang]
|