Triadisierung
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Globalisierung

Triadisierung statt Globalisierung?

Der folgende Textauszug der Gruppe von Lissabon macht nachdrücklich darauf aufmerksam, dass sich die Prozesse der wirtschaftlichen "Globalisierung" auf einen kleinen Teil der Staaten beschränken - die Triade -, weswegen man genauer von einer "Triadisierung" sprechen sollte. Diesen Aspekt veranschaulicht auch die Grafik der Gruppe von Lissabon, die internationale Kapitalströme nach ihrem Bestimmungsort darstellt.

"Die heutige Globalisierung ist eine Rumpfglobalisierung. »Triadisierung« ist daher eine zutreffendere Bezeichnung der gegenwärtigen Lage. Triadisierung heißt, dass die technologischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Integrationsprozesse zwischen den drei entwickeltsten Regionen der Welt (Japan und die neuindustrialisierten Länder Süd- und Südostasiens, Westeuropa und Nordamerika) durchgängiger, intensiver und bedeutender sind als die Integration zwischen diesen drei Regionen und den weniger entwickelten Ländern oder zwischen den benachteiligten Ländern untereinander.

Triadisierung findet auch in den Köpfen der Menschen statt. Japaner, Nordamerikaner und Westeuropäer gehen davon aus, dass die Welt, die zählt, ihre eigene Welt ist. Hier sind die kulturelle und wissenschaftliche Vorherrschaft, die technische Überlegenheit, die militärische Hegemonie, der wirtschaftliche Wohlstand zu finden, und damit auch die Fähigkeit zur Steuerung und Gestaltung der Weltwirtschaft und Weltgesellschaft.

Das Phänomen der Triadisierung zeigt sich zudem im geographischen Muster der strategischen Unternehmensallianzen. Von den zwischen 1980 und 1989 weltweit von Firmen eingegangenen 4200 strategischen Kooperationsabkommen wurden 92 Prozent zwischen Unternehmen aus Japan, Westeuropa und Nordamerika abgeschlossen.

Die vorhandenen Statistiken zu ausländischen Direktinvestitionen zeigen ebenfalls, dass Japan, die USA und Westeuropa in den letzten zehn Jahren in zunehmendem Maße untereinander Investitionen vorgenommen haben. Die Triadisierung der ausländischen Direktinvestitionen ist das Ergebnis von Investitionsflüssen, die eine von den 60er und 70er Jahren vollkommen verschiedene wirtschaftliche Situation hervorgebracht haben.

Bis zu Beginn der 80er Jahre spielten die Entwicklungsländer eine gewisse, wenn auch beschränkte Rolle als Ziel und Ursprung von Auslandsinvestitionen. In den 80er Jahren verbuchte die Triade vier Fünftel aller internationalen Kapitalflüsse. Der Anteil der Entwicklungsländer fiel von 25 Prozent in den 70er Jahren auf einen Anteil von 19 Prozent (...). Die Länder der Triade interagieren immer mehr untereinander und ihr Integrationsprozess schreitet voran.

Wenn das Ziel der Sieg ist, kann es nur wenige Gewinner geben. Die Verlierer werden ausgegrenzt und allein ihrer Lage überlassen. Die Gewinner werden weiter zusammenhalten und sich zunehmend integrieren. Die Notwendigkeit, zwischen den Ausgegrenzten und den Integrierten neue Brücken zu schlagen, verliert an Bedeutung. Damit entsteht, gleichzeitig mit der Globalisierung, eine neue Spaltung der Welt.

Durch den Abkoppelungsprozess verlieren einige Länder und Regionen allmählich ihre Verbindungen zu den ökonomisch fortgeschrittensten Ländern und Regionen der Welt. Anstatt am Prozess der zunehmenden wechselseitigen Verflechtung und Integration, der die neue globale Welt hervorbringt, teilzunehmen, bewegen sich diese Länder in die entgegengesetzte Richtung. Abkoppelung betrifft fast alle Länder Afrikas, große Teile Lateinamerikas und Asiens (mit Ausnahme Südostasiens) und auch die Länder des ehemaligen Ostblocks.

Die vorhandenen Zahlen sprechen für sich: 1980 betrug der Anteil der 102 ärmsten Länder der Welt am Warenaustausch 7,9 Prozent der Weltexporte und 9 Prozent der Weltimporte. Lediglich zehn Jahre später gingen diese Anteile auf 1,4 Prozent bzw. 4,9 Prozent zurück. Umgekehrt hat sich der Anteil der drei Regionen der Triade von 54,8 Prozent auf 64 Prozent der Weltexporte und von 59,5 Prozent auf 63,8 Prozent der Weltimporte gesteigert.

Weitere Anzeichen hierfür bietet der Umstand, dass 1970 (...) der Anteil dieser Gebiete 60,8 Prozent des Welthandels (betrug). 1990 betrug der intrakontinentale Handel innerhalb jeder Region 48,7 Prozent, der interkontinentale Handel der drei Regionen untereinander stieg auf 24,9 Prozent. Zusammen betrug damit der Anteil der drei Regionen am Welthandel 73,6 Prozent. Die verbleibenden 26,4 Prozent teilten sich Russland und Osteuropa, der Nahe Osten, Afrika und Lateinamerika.

Wichtig ist auch die hohe Zuwachsrate des interkontinentalen Handels zwischen Asien/Pazifik und Westeuropa. Dieser Handel nahm von 6,3 Prozent auf 10,2 bzw. von 27,1 Prozent auf 33,4 Prozent zu. Im Gegensatz dazu sank der Anteil Afrikas und des Mittleren Ostens von 14,1 Prozent 1970 auf 9,9 Prozent 1990, der von Lateinamerika von 7,8 Prozent auf 6,1 Prozent und der des früheren kommunistischen Blocks von 7,3 auf 4,1 Prozent.

Mit anderen Worten: Die Weltwirtschaft war in den letzten zwanzig Jahren von einer allmählichen Abnahme des Güteraustauschs zwischen den reichsten und schnell wachsenden Wirtschaften Nordamerikas, Westeuropas und Asiens und dem Rest der Welt (besonders Afrika) gekennzeichnet. Wenn man diese Tendenz für die nächsten zwanzig Jahre hochrechnet, würde der Anteil Afrikas, des Nahen Ostens, Lateinamerikas, Russlands und Osteuropas von 39,2 Prozent (1970) über 26,4 Prozent (1990) auf 5 Prozent (2020) absinken. Das ist Abkoppelung. Das ist die neue Spaltung zwischen der zunehmend integrierten globalen Welt und den immer stärker ausgeschlossenen Teilen der Erde."

[Gruppe von Lissabon, Grenzen des Wettbewerbs. Die Globalisierung der Wirtschaft und die Zukunft der Menschheit, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1997, S. 108-112]

Zahlen zur Weltwirtschaft

Intra- und inter-regionaler Warenhandel im Jahr 2000 (in Milliarden Dollar)

       nach
von

Nord-amerika

Latein-amerika

West-europa

Mittel-/ Osteuropa

Afrika

Mittlerer Osten

Asien

Welt

Nordamerika

421

174

195

6

12

20

229

1058

Lateinamerika

220

62

45

3

3

3

21

359

Westeuropa

263

55

1654

129

59

60

199

2441

Mittel-/ Osteuropa

12

6

147

72

3

7

20

271

Afrika

26

4

72

1

11

2

25

145

Mittlerer Osten

41

3

48

2

10

17

126

263

Asien

423

41

278

15

22

42

807

1649

Welt

1406

346

2438

229

120

150

1427

6186

[Quelle: WTO, http://www.wto.org]

Anteil der intra- und inter-regionalen Handelsströme am gesamten Warenexport jeder Region im Jahr 2000 (in Prozent)

       nach
von

Nord-amerika

Latein-amerika

West-europa

Mittel-/ Osteuropa

Afrika

Mittlerer Osten

Asien

Welt

Nordamerika

39,8

16,5

18,5

0,6

1,1

1,9

21,6

100,0

Lateinamerika

61,3

17,3

12,5

0,8

0,8

0,8

5,8

100,0

Westeuropa

10,8

2,3

67,8

5,3

2,4

2,5

8,2

100,0

Mittel-/ Osteuropa

4,4

2,2

54,2

26,6

1,1

2,6

7,4

100,0

Afrika

17,9

2,8

49,7

0,7

7,6

1,4

17,2

100,0

Mittlerer Osten

15,6

1,1

18,3

0,8

3,8

6,5

47,9

100,0

Asien

25,7

2,5

16,9

0,9

1,3

2,5

48,9

100,0

Welt

22,7

5,6

39,4

3,7

1,9

2,4

23,1

100,0

[Quelle: WTO, http://www.wto.org]

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