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Vereinte Nationen

Probleme mit Koordinierung und Effizienz der Arbeit

Der Durchgang durch die Geschichte der UNO in Grundkurs 2 hat gezeigt, dass die Weltorganisation beständig gezwungen war, sich an neue Rahmenbedingungen und Herausforderungen anzupassen. Hier ist in erster Linie an den Ost-West-Konflikt, der mit dem Sicherheitsrat das wichtigste Hauptorgan lahmlegte, und den Prozess der Dekolonisierung zu denken, in dessen Verlauf sich die Mitgliederzahl erheblich erhöhte. Die Entwicklungsländer stellten in der Folge die Mehrheit in der Generalversammlung, der Nord-Süd-Konflikt prägte seither die Arbeit der Vereinten Nationen.

Immer mehr Aufgabenfelder ...

Gegründet wurde die Organisation mit dem Ziel, durch ein kollektives Sicherheitssystem zwischenstaatliche Kriege zu verhindern. Doch diese Aufgabe konnte sie durch die Blockade des Sicherheitsrats und die Mängel des Systems nicht erfüllen. Dafür traten neue Aufgabenfelder in den Mittelpunkt: "Zu den bereits bei der Gründung der Vereinten Nationen 1945 erkannten und antizipierten Risiken und Problemen traten neue globale Fragen wie die Verknappung natürlicher Ressourcen, die Zerstörung der Umwelt und die voranschreitende Klimaveränderung, das rasante Wachstum der Weltbevölkerung sowie neue Formen der Bedrohung des Friedens und der gesamten Menschheit durch Massenvernichtungswaffen und innerstaatliche Konflikte hinzu."

[aus: Sven Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen; Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S. 258-259]

Insgesamt haben sich die Vereinten Nationen angesichts dieser Herausforderungen bewährt. Ein Beispiel mag an dieser Stelle genügen: Um die Mängel des in der UN-Charta niedergelegten Systems der Friedenssicherung zu überwinden, wurde mit den "Blauhelmen" ein neues Instrument geschaffen, das sich insgesamt als erfolgreich erwiesen hat, auch wenn immer wieder schwerwiegende Krisen zu verzeichnen waren [siehe Abschnitt "Probleme bei der Friedensssicherung"]. Doch die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, der permanente Lernprozess zeitigte auch negative Folgen:

... immer mehr Organe

Denn die Vereinten Nationen beschränkten sich "in ihrem Lern- und Reformprozess ganz überwiegend auf die Erweiterung bestehender Gremien sowie auf die Schaffung immer neuer Spezialorgane, Programme und Sonderorganisationen, die dem System der Vereinten Nationen hinzugefügt wurden. Damit jedoch geriet nach und nach ein Mechanismus außer Kontrolle, der von den Gründern der Weltorganisation einst durchaus bewusst als Ordnungsprinzip vorgesehen war. Die Vereinten Nationen sollten als eine Art 'Planetensystem' konstruiert werden, dessen Kernorganisation ein eher loses Beziehungsgeflecht von Institutionen  ... mit dem Ziel einer effektiven Zusammenarbeit koordinieren sollte. Dabei sollte die Kernorganisation auf das aggregierte Wissen des Gesamtsystems zurückgreifen, umfassende Strategien formulieren und diese dann in abgestimmter Weise umsetzen können."

[aus: Sven Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen; Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S. 259]


Dieses Ordnungsprinzip hat nicht funktioniert: Es war und ist gerade die mangelnde Effizienz der Arbeit, die den Vereinten Nationen immer wieder Kritik eingetragen hat. Das wild wuchernde Netzwerk an Gremien im Dunstkreis der Weltorganisation ist kaum zu überblicken, geschweige denn zu koordinieren. Im sozioökonomischen und entwicklungspolitischen Bereich leidet die Arbeit der Vereinten Nationen "in besonderer Weise unter überlappender Zuständigkeit und mangelhafter Koordinierung. Insbesondere der Wirtschafts- und Sozialrat einschließlich seiner fast unüberschaubaren Anzahl von Unter- und Nebenorganen steht dabei im Zentrum der Kritik.

So wird gefordert, das Gesamtsystem gründlich auf den Prüfstand zu stellen. Der Wirtschafts- und Sozialrat sei in seiner derzeitigen Struktur nicht in der Lage, seine koordinierende Funktion wahrzunehmen und arbeite überbürokratisiert und unwirksam (...). Ein besonders schwerwiegendes Problem ist ... die mangelhafte Abstimmung zwischen den UN-Gremien und den in den vergangenen Jahren an Einfluss zunehmenden Bretton-Woods-Organisationen, die alles andere als problemlösend wirkt."

[aus: Sven Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen; Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S. 288-289]


Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass es die Staaten als tragende Säulen der Vereinten Nationen selbst waren, die für die Schaffung immer neuer Organe verantwortlich waren: "Das UN-System spiegelt heute in seiner Vielfalt, in der großen Zahl seiner Sonder- und Spezialorganisationen, seiner Fonds und Programme und seiner hochkomplexen Struktur die häufig an Trends und Gruppeninteressen orientierte Willensbildung seiner Mitgliedstaaten wider. Anstöße für eine grundsätzliche Verwaltungsreform sind sicherlich durch die Absicht motiviert, überlappende Zuständigkeiten, Doppelarbeit und damit Ressourcenverschwendung zu verringern. So sind unzählige Untergliederungen mit Umweltfragen befasst, für humanitäre Aktivitäten in Krisengebieten sind gleich mehrere Hilfswerke zuständig."

[aus: Sven Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen; Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S. 263]


Reformen durch Kofi Annan

Für grundsätzliche Reformen hat die UN-Charta hohe Hürden errichtet [siehe Abschnitt "Reformen"]. Den vorhandenen Spielraum unterhalb der Ebene einer Änderung der Charta haben die UN-Generalsekretäre Boutros Boutros-Ghali und Kofi Annan zu nutzen versucht, um die Organisation schlagkräftiger zu machen. So wurde die Zahl an Spitzenposten in der UN-Verwaltung seit 1992 um 30 Prozent gesenkt. Im Bereich des Sekretariats wurden 2.500 Stellen abgebaut und das Budget nicht weiter erhöht.

Moderne Managementmethoden wurden eingeführt, was angesichts einer multinationalen und -kulturellen Bürokratie mit Bediensteten aus 190 Staaten eine beachtliche Leistung darstellt. So wurde "ein neues Integrated Management Information System zur vernetzten, computergestützten Personal-, Sach- und Haushaltsverwaltung eingeführt. Durch ein neues Beurteilungswesen (Performance Appraisal System, PAS) zur verbesserten individuellen Würdigung der Leistungen der Bediensteten wurde ein wichtiger Anstoß für das lange vernachlässigte human resources management der Organisation gegeben, die in besonderer Weise von der Qualität und Motivation ihrer Mitarbeiter abhängt. Das wenig transparente Beschaffungswesen der VN-Verwaltung wurde neu organisiert und kostenbewusster gestaltet."

[aus: Sven Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen; Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S. 265]

Systematisierung der inhaltlichen Arbeit

Kofi Annan begann sofort nach seiner Ernennung zum Generalsekretär darüber hinaus mit der inhaltlichen Neuausrichtung und Straffung der Arbeit des Sekretariats, indem er fünf Kernaufgaben der Vereinten Nationen definierte. Diesen fünf Bereichen ordnete er die unterschiedlichen Abteilungen des Sekretariats und einen Teil der Spezialorgane und Programme zu.

"Für die Felder Frieden und Sicherheit, Wirtschaft und Soziales, Humanitäre Angelegenheiten sowie Entwicklung wurden so genannte Exekutivausschüsse gebildet, die Menschenrechte wurden als Querschnittsaufgabe definiert, die jeden der vier übrigen Bereiche betrifft. In seinem im Juli 1997 vorgelegten Reformprogramm über die Erneuerung der Vereinten Nationen hat der Generalsekretär dann in verschiedener Hinsicht Akzente gesetzt, die einer 'stillen Revolution' gleichkommen (...). Einzig die Reform des Sicherheitsrates blieb in diesem Programm ausgespart (...).

In den Ende der 1990er Jahre vollzogenen und vor allem den nicht vollzogenen Reformmaßnahmen zeigt sich ein dominantes Muster: Das Sekretariat sowie seine nachgeordneten Bereiche erweisen sich bereit und fähig, auch einschneidende Veränderungen vorzunehmen, um ihre Kompetenzen und Kapazitäten an den sich wandelnden Herausforderungen auszurichten. Den Mitgliedstaaten hingegen mangelt es nach wie vor an der Fähigkeit, einen Konsens über die Bereiche der Reform herzustellen, in denen ein Wandel von ihrer Zustimmung abhängig ist."

[aus: Sven Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen; Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S. 266, 268]

Weitere Seiten zu den Problemen der Vereinten Nationen

bullet FINANZEN: Die Finanzkrise der Vereinten Nationen
 
bullet FRIEDEN: Die Krise der Friedenssicherung durch die Vereinten Nationen
bullet EFFIZIENZ: Die Probleme mit Koordinierung und Effizienz der Arbeit
 
bullet REFORM: Grundlegende Reformvorhaben und die Probleme der Umsetzung

[Autor: Ragnar Müller]

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