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Inhaltsverzeichnis


Themen des Online-Lehrbuchs Web 2.0:

Einleitung

Was ist das Web 2.0?

Lernen 2.0

Politik 2.0

Wirtschaft 2.0

Gesellschaft 2.0

 Gefahren des Web 2.0

 Soziale Netzwerke

 Weisheit der Vielen

 Digital Natives
 


Digital Natives

Der Begriff "Digital Natives" geht auf einen kurzen Aufsatz von Marc Prensky aus dem Jahr 2001 zurück. Dieser Aufsatz steht im Volltext als pdf zur Verfügung (Marc Prensky: Digital Natives, Digital Immigrants)
. Der Autor geht von folgender These aus:

"Our students have changed radically. Today's students are no longer the people our educational system was designed to teach." (S. 1)

Inwiefern haben sich die Jugendlichen grundlegend geändert? Sie sind die erste Generation, die mit digitaler Technologie aufgewachsen ist: Computer, Internet, Mobiltelefone, MP3-Player, Digitalkameras, Computerspiele etc. sind für sie ein selbstverständlicher Bestandteil des Alltags.

"It is now clear that as a result of this ubiquitous environment and the sheer volume of their interaction with it, today's students think and process information fundamentally differently from their predecessors." (S. 1)

Die Jugendlichen denken anders - nicht schlechter, aber anders: vernetzter, verspielter, sprunghafter, interaktiver, über etablierte Grenzen hinweg, also interdisziplinärer, weniger systematisch im traditionellen Sinn hierarchischer Klassifikationen (siehe Denken 2.0), häufig kreativer, so die Einschätzung Prenskys, die er in einem zweiten Aufsatz untermauert, der ebenfalls im Volltext als pdf zur Verfügung steht (Marc Prensky: Digital Natives, Digital Immigrants, Part II: Do They Really Think Differently?).









[Foto: J-Cornelius, Wikimedia, Creative Commons]-



Digital Natives vs. Digital Immigrants









Lehrer und Schüler sprechen nicht mehr die gleiche "Sprache"


Und diese Jugendlichen nennt Prensky "Digital Natives", um sie von den "Digital Immigrants" abgrenzen zu können. Digital Natives sind die "Muttersprachler" des digitalen Zeitalters, während die Digital Immigrants in der digitalen Welt immer einen "Akzent" behalten (Beispiele für diesen Akzent - wie das Ausdrucken von E-Mails - nennt Prensky in seinem Aufsatz).

Dabei handelt es sich natürlich nicht um trennscharfe wissenschaftliche Kategorien, weswegen die häufig geführten Debatten, ob Digital Natives nun die nach 1970 oder doch eher die nach 1980 geborenen Personen bezeichnet, wenig ergiebig sind. Natürlich gibt es Digital Immigrants, die sich behende in der digitalen Welt bewegen - David Weinberger schlägt hier den schönen Begriff "Digital Settlers" vor. Umgekehrt gibt es Menschen, die nach 1980 geboren wurden, die aber alles andere als digitale Muttersprachler sind.

Das eigentliche Problem, auf das Prensky aufmerksam machen will, besteht nun darin, dass in unseren Bildungssystemen Digital Immigrants (mit ihrem anderen Denken und ihrer anderen Herangehensweise) Digital Natives unterrichten. Hier sieht er die zentrale Ursache für die verschiedenen Probleme im Bildungswesen:

"... the single biggest problem facing education today is that our Digital Immigrant instructors, who speak an outdated language (that of the pre-digital age), are struggling to teach a population that speaks an entirely new language." (S. 2)

Wo liegen die Unterschiede? Inwiefern sind Lehrkonzepte der Digital Immigrants und Lernkonzepte der Digital Natives inkompatibel? Prensky führt aus:

"Digital Natives are used to receiving information really fast. They like to parallel process and multi-task. They prefer their graphics before their text rather than the opposite. They prefer random access (like hypertext). They function best when networked. They thrive on instant gratification and frequent reward. They prefer games to 'serious' work. (...) These skills are almost totally foreign to the Immigrants, who themselves learned - and so choose to teach - slowly, step-by-step, one thing at a time, individually, and above all, seriously." (S. 2)

[alle Zitate aus: Marc Prensky: Digital Natives, Digital Immigrants; On the Horizon, Vol. 9, No. 5, October 2001]

Prenskys Lösungsvorschlag besteht darin, mit Hilfe von (Computer-)Spielen zu unterrichten, die Digital Natives also methodisch dort abzuholen, wo sie stehen. Computerspiele sprechen die Digital Natives in ihrer "Muttersprache" an. Dieser Vorschlag hat sicher seine Berechtigung, greift aber angesichts der grundlegenden Änderungen, die sich mit dem Web (2.0) für Lehren und Lernen ergeben, zu kurz (siehe Seite Lernen 2.0).




Net Generation







Der Begriff "Digital Natives" hat schnell Verbreitung gefunden. In Verbindung mit dem Gegenbegriff "Digital Immigrant" bringt er eine Trennlinie auf den Punkt und die Metaphorik leuchtet intuitiv ein. Es gibt aber auch konkurrierende Begriffe, die dasselbe zu bezeichnen versuchen, allen voran der von Don Tapscott bereits 1997 in seinem Buch "Growing Up Digital" geprägte Begriff "Net Generation". 2008 veröffentlichte Tapscott die Ergebnisse eines großen Forschungsprojekts unter dem Titel "Grown Up Digital. How the Net Generation is Changing Your World". Die folgenden Videos zeigen ein Interview mit dem Autor über das Buch sowie ein Vortrag über die Kernthesen von "Grown Up Digital":








Kritik an den Digital Natives
 



Die weit verbreitete Kritik an der "Net Generation", die Tapscott in seinem Vortrag (wie auch im Buch) zu entkräften versucht, fasst er selbst (in bewusster Zuspitzung) folgendermaßen zusammen:

"They're dumber than we were at their age. (...) They're screenagers, Net addicted, losing their social skills, and they have no time for sports or healthy activities. (...) They have no shame. (...) Because their parents have coddled them, they are adrift in the world and afraid to choose a path. (...) They steal. They violate intellectual property rights. (...) They're bullying friends online. (...) They're violent. (...) They have no work ethic and will be bad employees. (...) This is the latest narcissistic 'me' generation. (...) They don't give a damn."

[Don Tapscott (2008), Grown Up Digital. How the Net Generation is Changing Your World, New York u.a., S. 4-5]

In ihrem Forschungsbericht "Digital Natives With a Cause? A Knowledge Survey and Framework" fassen die Autoren Nishant Shah und Sunil Abraham Kritik und Lob an den Digital Natives unter folgenden Überschriften zusammen (pdf im Internet):
 

Digital Natives

 

The Criticism

The Applause

 

Ignorance and Dumbness

The Values of Freedom

Addiction and Poor Social Skills

Promoting Tolerance and Co-existence

Confessionals and Privacy

A Call for Diversity

Self-centredness and Self-importance

Finding Collaborators and Innovators

Digital Piracy

Mobilisation and Participation

Plagiarism and the Digital Classroom

Information Dissemination & Political Engagement

Consumers rather than Citizens

Cultural Production and Interventions



Gibt es eine "Net Generation"?










 



Neben den mitunter hitzigen Debatten um die Merkmale der Digital Natives melden andere Autoren Zweifel an, ob es so etwas wie eine "Net Generation" überhaupt gibt. Insbesondere an Prenskys zugespitzten Thesen entzündete sich viel Kritik. Zu den ausgeprägten Skeptikern zählt Rolf Schulmeister:

"Die Tatsache, dass heute andere Medien genutzt werden als in früheren Zeiten, rechtfertigt es nicht, eine ganze Generation als andersartig zu mystifizieren. Im Gegenteil, die Generation, die mit diesen neuen Medien aufwächst, betrachtet sie als ebenso selbstverständliche Begleiter ihres Alltags wie die Generationen vor ihr den Fernseher, das Telefon oder das Radio."

[Rolf Schulmeister (2009), Gibt es eine "Net Generation"? Erweiterte Version 3.0, S. 149, pdf im Internet]

Eine ausgewogene Darstellung findet sich in dem 2008 erschienenen Buch von John Palfrey und Urs Gasser "Born Digital. Understanding the First Generation of Digital Natives" (ebenfalls 2008 auf deutsch erschienen mit dem Titel: "Generation Internet. Die Digital Natives: Wie sie leben, was sie denken, wie sie arbeiten"). In einem Interview in der Stuttgarter Zeitung vom 10.01.2009 definiert Urs Gasser die Digital Natives folgendermaßen:

"Wir grenzen die Digital Natives, also die Eingeborenen, von den Digital Immigrants, den Einwanderern, ab. Die Immigrants sind jene, die sich noch an eine Zeit ohne Internet und Handy erinnern können. Sie lesen noch Zeitungen und suchen Informationen in Büchern und Bibliotheken. Die Digital Natives legen ein anderes Medienverhalten an den Tag. Um zu den Digital Natives gerechnet zu werden, müssen junge Menschen drei Kriterien erfüllen. Erstens müssen sie nach 1980 geboren worden sein, also in eine Welt hinein, für die Mobiltelefone, Computer und Internet völlig selbstverständlich geworden ist. Zweitens müssen sie Zugang zu den modernen Kommunikationsmitteln haben. In vielen Ländern und in einigen sozialen Schichten ist das nicht selbstverständlich. Das dritte Kriterium wird oft unterschätzt: Digital Natives müssen wissen, wie man mit diesen Kommunikationsmitteln umgeht."

Das Buch richtet sich im wesentlichen an Eltern und Lehrer der Digital Natives, die nach Palfrey/Gasser eine wichtige Rolle spielen, um Kinder und Jugendliche bei der Internutzung anzuleiten. Dem steht bislang noch im Weg, dass sie als Digital Immigrants nicht über die dafür nötigen Kompetenzen verfügen. In den 12 Kapiteln des Buches werden unter folgenden Kapitelüberschriften Gefahren und Chancen der Internetnutzung durch die Digital Natives beleuchtet:

Identitäten - (Digitale) Dossiers - Privatsphäre - Sicherheit - Kreativität - Piraterie - Qualität - Overload - Aggression -  Innovationen - Lernen - Aktivismus. Auf der begleitenden Website zum Buch finden sich von Studenten erstellte Videos zu allen Kapiteln, die sich als Einführung oder Zusammenfassung eignen: http://youthandmedia.org/video/born-digital/



"Educating the Net Generation"


Wer sich vertieft mit der Thematik "Digital Natives und Lernen" auseinandersetzen möchte, dem sei als Ausgangspunkt das von Diana und James Oblinger 2005 herausgegebene eBook "Educating the Net Generation" empfohlen, das vollständig online zur Verfügung steht: http://www.educause.edu/educatingthenetgen. Welche Auswirkungen der Eintritt der Net Generation in die Wirtschafts- und Arbeitswelt haben könnte, bildet ein wichtiges Thema von Wikinomics, der einflussreichen Darstellung von Wirtschaftstrends, der wir uns im Abschnitt Wirtschaft 2.0 zuwenden.


[Autor: Dr. Ragnar Müller]

 

 

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