Phasenmodell
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Politikdidaktik

Policy-Zyklus: Ein alternatives Phasenmodell

"Neben den Dimensionen des Politischen bietet die Politikwissenschaft noch einen weiteren Politikbegriff an, der sich als Arbeitsbegriff für den politischen Unterricht bewährt hat. Dieser Begriff beschreibt Politik als eine 'prinzipiell endlose Kette von Versuchen zur Bewältigung von gesellschaftlichen Gegenwarts- und Zukunftsproblemen' (Peter Massing/Werner Skuhr). Diesem Verständnis von Politik liegt das Modell des Politikzyklus zugrunde, das im Mittelpunkt der Policy-Forschung steht (...). Die Policy-Forschung beschreibt und analysiert Politik als einen Prozess der Problemverarbeitung oder der Problembewältigung und gliedert diesen Prozess modellhaft in folgende Phasen (Politikzyklus), die jeweils durch eine zentrale Kategorie bestimmt werden:

1. Phase: Ein Problem tritt als solches ins öffentliche Bewusstsein. Auf Grund der Forderungen bestimmter gesellschaftlicher und politischer Gruppierungen wird aus einem latenten gesellschaftlichen Problem ein politisches Problem, das die Politik zum Handeln herausfordert.

2. Phase: Über das politische Problem kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Gruppen.

3. Phase: Das Problem wird in die Form einer politisch-administrativen Entscheidung gebracht, wobei auch eine Nichtentscheidung letztlich eine Entscheidung ist.

4. Phase: Durch nachgeordnete politische und administrative Akteure, gesellschaftliche Gruppen und Organisationen sowie einzelne erfährt die Entscheidung ihre konkrete Ausgestaltung.

5. Phase: Die Entscheidung und die Umsetzung der Entscheidung sowie die daraus resultierenden Ergebnisse und Wirkungen werden bewertet und rufen schließlich Reaktionen der Zustimmung und der Ablehnung hervor.

6. Phase: Diese Reaktionen werden wiederum politisch umgesetzt und führen zur Weiterführung, Veränderung oder Beendigung des Problems (...).

Dieser Politikbegriff kann zu der Einsicht führen, die für das Begreifen demokratischer Politik in einer modernen pluralistischen Gesellschaft grundlegend ist: dass demokratische Politik immer wieder vor der Notwendigkeit steht, Positionen und Entscheidungen zu korrigieren oder zu revidieren und nach neuen Lösungen zu suchen. Gelingt es nicht, Jugendlichen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wird ihnen das beharrliche, prinzipiell endlose Bemühen um Teillösungen in einer Kette konflikthafter, gewaltenteilig kontrollierter, auch vom Scheitern bedrohter, ständig korrekturbedürftiger Lösungsversuche leicht unansehnlich erscheinen im Vergleich zu den vereinfachenden Verheißungsmodellen von rechts und links.

Die Wahl dieses Arbeitsbegriffes kann auch einem rein technizistischen Vorverständnis von Politik entgegenwirken, das Jugendliche häufig haben. Sie neigen dazu, Vorstellungen von technischer Planung auch auf die Politik zu übertragen: Wie der Architekt versagt hat, der ein Gebäude konstruiert, das kurz nach seinem Bau Risse zeigt, so ist der Politiker ein schlechter Gesellschaftsarchitekt, dessen Politikentwurf sich bald als korrekturbedürftig erweist. Demgegenüber kommt es darauf an, im Unterricht zu zeigen, dass politische Lösungsentwürfe und darauf basierende politische Entscheidungen den Keim der Korrektur oder Revision bereits in sich tragen, warum das notwendigerweise so ist und dass ohne diese Selbstbescheidung, auf der Politik in der Demokratie beruht, Freiheit ständig gefährdet wäre."

[Politikdidaktik kurzgefasst. Planungsfragen für den Politikunterricht, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 326, Bonn 1994, 21-24]

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