Was?

Nach oben Was? Warum? Woher? Linkliste

 

Menschenrechte

Frauenrechte

Was sind Frauenrechte?

Menschenrechte
und Frauen-
rechte...

 

4 Probleme:

Es ist unumstritten, dass die internationalen Menschenrechtsbestimmungen von heute die Frau nicht ausschließen. Im Gegenteil: Das Gebot, keinen Menschen aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit zu benachteiligen, ist von Anfang an wesentlicher Bestandteil der UN-Deklarationen gewesen. Genauso unumstritten ist aber auch, dass bis heute und überall auf der Welt Frauen benachteiligt und in ihren Menschenrechten eingeschränkt werden, und das sogar in dem wohl wichtigsten und grundlegendsten Recht, dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Feministinnen kritisieren das Konzept der Menschenrechte. Es sei sehr stark an der westlichen bürgerlichen Gesellschaft ausgerichtet und vor allem an den Problemen männlicher Familienvorstände orientiert.

1) Gewalt gegen
Frauen als
Privatsache?

Das erste gravierende Problem ist die in fast allen heutigen Gesellschaften vorkommende Trennung von zwei Sphären: "Öffentlichkeit" und "Privatheit". Traditionellerweise wird der Frau die "Privatheit" zugewiesen, dem Mann die "Öffentlichkeit". Der Schutz der Privatsphäre ist als wichtiges Menschenrecht konstituiert worden. Doch so wichtig es auch ist, die Gewalt und Einflussmöglichkeiten der Staatsmacht zu begrenzen, dient es doch vielen Staaten dazu, Menschenrechtsverletzungen an Frauen als Privatproblem zu betrachten, in die man sich nicht einmischen könne und wolle. Gewalt gegen Frauen findet zum größten Teil in der "Privatsphäre" statt.

2) Gewalt gegen
Frauen durch
Privatpersonen...

Das zweite Problem betrifft die Stoßrichtung der Menschenrechte als Schutz des Individuums vor direkten Übergriffen der Staatsmacht. Schutz vor Privatpersonen oder nicht-staatlichen Organisationen wurde zunächst nicht vorgesehen. Eine Besonderheit von Verletzungen der Menschenrechte an Frauen ist aber, dass sie zumeist nicht direkt durch den Staat erfolgen, sondern von Privatpersonen begangen werden, die jedoch in der Sicherheit handeln, vom jeweiligen Staat nicht verfolgt zu werden. Solche Frauenrechtsverletzungen werden häufig vom Staat geduldet.

3) Spezifische
Menschenrechts-
verletzungen an
Frauen...

Das dritte Problem liegt darin, dass das bisherige Menschenrechtskonzept für Menschenrechtsverletzungen an Frauen wenig empfänglich ist. Es gibt zunächst solche Menschenrechtsverletzungen an Frauen, die dieselben sind wie die an Männern, wenn Frauen z.B. aufgrund ihrer politischen Ansichten, ihrer Rasse oder ihrer Religion vom Staat verfolgt werden. Diese geraten auch in den Blickpunkt nationaler und internationaler Organisationen. Es gibt aber auch Menschenrechtsverletzungen, die frauenspezifisch sind, beispielsweise wenn die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht zu einer Verschlimmerung der Lage führt, z.B. Vergewaltigung und sexuelle Folter in Gefängnissen und Flüchtlingslagern. Und darüber hinaus gibt es noch Menschenrechtsverletzungen, die nur Frauen betreffen, wie z.B. Abtreibungen weiblicher Föten oder Gewalt in der Ehe.

4) Das Problem
der kulturellen
Traditionen...

Das vierte Problem besteht in der jahrhundertealten tief verwurzelten Tradition von Frauenrechtsverletzungen in vielen Ländern. Die internationale Ächtung solcher Traditionen ruft oft den Widerstand der Bevölkerung hervor. Gegen sie kann man nur durch intensive langfristige Maßnahmen angehen, die alle Lebensbereiche der Menschen betreffen. Viele nicht-westliche Regierungen verweisen immer wieder darauf, dass das Menschenrechtsverständnis westlich geprägt und nicht auf ihre Kultur zu übertragen sei. So sei die "Gleichheit" von Frau und Mann nicht mit ihrer Kultur vereinbar. Sie plädieren für eine sogenannte "Gleichwertigkeit" bei Annahme von grundsätzlichen Unterschieden. Diese zunächst eingängige Argumentation wird von westlichen Repräsentanten und Organisationen unter dem Blickwinkel der "Toleranz" oft geduldet und sogar übernommen. Dennoch muss hier beachtet werden, dass solche Argumentationen meist zur Rechtfertigung von schweren Menschenrechtsverletzungen dienen, die kein kulturelles Brauchtum, sondern einen Ausfluss repressiver Herrschaftssysteme darstellen (z.B. in Algerien oder Afghanistan). Oft werden jene abwehrend hochgehaltenen kulturellen Identitäten und Traditionen erst künstlich konstruiert, um von bestehenden sozioökonomischen Ungleichheiten und asymmetrischen Machtverhältnissen abzulenken.

Vernachlässigung
der Frauen-
rechte...

Die genannten Probleme hängen untereinander eng zusammen und führten dazu, dass bis Anfang der 90er Jahre Menschenrechtsverletzungen an Frauen nicht als solche betrachtet wurden. Solche "Frauenrechtsverletzungen" wurden beispielsweise bei den Vereinten Nationen entweder in gesonderten Gremien behandelt, die strukturell isoliert und finanziell unzureichend ausgestattet waren, oder sie wurden als Bestandteil des sozioökonomischen Bereichs betrachtet. Auch einflussreiche Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder Human Rights Watch schenkten den spezifischen Frauenproblematiken aufgrund ihrer alleinigen Ausrichtung auf bürgerliche und politische Menschenrechte nur wenig Aufmerksamkeit.
So wurde z.B. sexuellen Übergriffen in bewaffneten Konflikten oder in Kriegen der Status von Menschenrechtsverletzungen abgesprochen. Sie wurden als "Privatangelegenheiten" oder "außergewöhnliche Vorkommnisse" abgetan — die Täter hätten nicht etwa in ihrer offiziellen Eigenschaft, sondern als Privatpersonen gehandelt, was daher in die nationale Gerichtsbarkeit falle.

Kritik am Menschen-
rechtskonzept aus
Frauensicht...

Menschen- und FrauenrechtlerInnen üben seit Ende der 80er Jahre Kritik am bestehenden Menschenrechtskonzept und fordern dessen Weiterentwicklung im Sinne der Frauen. Zunächst sollen zusätzliche Bestimmungen gegen die Diskriminierung von Frauen in die völkerrechtlichen Verträge eingefügt werden. Durch sie sollen Frauen in die gleiche Position versetzt werden wie Männer — mit den gleichen Rechten und Möglichkeiten. Denn solange Frauenrechte in internationalen Konventionen nicht gesondert erfasst werden, fühlen sich viele Staaten nicht zur Ahndung von Verstößen verpflichtet.

Viele Feministinnen versuchen, internationale Menschenrechtsstandards für Frauen nutzbar zu machen, indem sie die konkreten Rechtsbestimmungen auf Frauenrechtsverletzungen ausdehnen. So kann z.B. Zwangsprostitution unter "Sklaverei" fallen, häusliche Gewalt und Vergewaltigung unter "Folter". Andere versuchen, die Begrenztheit des "Rechts der völkerrechtlichen Verantwortung" aufzulösen. Solange männliche Gewalttäter mit der Billigung der staatlichen Organe rechnen können, sei der Staat in seiner Funktion als Zwangsgewalt, die wirksame Gesetze zum Schutz von Leib und Leben aller seiner BürgerInnen vorzusehen habe, sehr wohl für das Ausmaß und die besondere Qualität geschlechtsbezogener Gewalt verantwortlich zu machen. Außerdem wird von vielen Feministinnen die Vorrangstellung der klassischen bürgerlichen und politischen Rechte gegenüber sozialen und wirtschaftlichen Rechten kritisiert und für deren Gleichgewichtung plädiert. Angesichts der tiefen Verwurzelung der gesellschaftlichen Unterordnung von Frauen hätten gerade soziale und wirtschaftliche Rechte für Frauen eine besondere Bedeutung.
Die meisten Feministinnen erkennen das Paradigma der Menschenrechte grundsätzlich an. Sie postulieren die Würde und Integrität des Individuums und deren Autonomie und Selbstbestimmung. Nur die Sicherung dieser Idee durch ein entsprechendes Recht kann garantieren, dass nicht über Leib und Leben einer Frau bestimmt werden kann. Der universelle Charakter von Frauenrechten als Menschenrechte muss zudem immer wieder gegen relativistische Argumentationen z.B. islamistischer Staaten verteidigt werden.

[Autorin: Dorette Wesemann; Redaktion: Ragnar Müller]

Weitere Materialien:

bulletText zur UN-Politik im Bereich Frauenrechte: "Die Stellung der Frau in UN-Menschenrechtsdokumenten"
bulletDokument zum Thema Frauenrechte: "Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau"

[Seitenanfang]

 

horizontal rule

News    II    Produkte    II    Unterrichtsmaterial

Themen: Web 2.0  I  Menschenrechte  I  Vorbilder  I  Update: Demokratie  I  Parteien  I  Europa  I  Globalisierung  I  Vereinte Nationen  I  Nachhaltigkeit

Methoden:    Politikdidaktik    II    Friedenspädagogik    II    Methoden
 

     


Dieses Onlineangebot zur politischen Bildung wurde von agora-wissen entwickelt, der Stuttgarter Gesellschaft für Wissensvermittlung über neue Medien und politische Bildung (GbR). Bei Fragen oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an uns. Trägerorganisation des Bildungsprogramms D@dalos ist der Verein Pharos Stuttgart/Sarajevo.