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Clara Zetkin (1857-1933)
Clara übernahm verschiedene Stellungen als Hauslehrerin, wo sie aber aufgrund ihrer kompromisslosen Haltung aneckte und schnell kündigte. Ossip Zetkin wurde nach einer Polizeirazzia während einer geheimen Konferenz der Sozialisten verhaftet und des Landes verwiesen. 1883 übersiedelte Clara zu Ossip nach Paris. Sie nahm zwar seinen Namen an, heiratete ihn jedoch nicht, um ihre deutsche Staatsbürgerschaft nicht zu verlieren. Hier kamen ihre zwei Kinder Maxim und Kostja zur Welt. Die Familie lebte am Rande des Existenzminimums und überlebte nur dank der Solidarität von vor allem russischen Freunden, die sich ebenfalls in der sozialistischen Bewegung engagierten. In den Jahren ihres Aufenthalts lernte Clara Zetkin den Beruf einer Journalistin und Übersetzerin. Sie machte die Bekanntschaft der Führer der internationalen Arbeiterbewegung, erweiterte ihren Horizont und eignete sich die Grundzüge des Marxismus an. Als Ossip schwer erkrankte, erlebte Clara ihre schwerste Zeit: Zusätzlich zur Betreuung der Kinder und der Sorge um den Familienunterhalt pflegte sie ihren halbseitig gelähmten Mann, der 1889 starb. Auf der II. Internationale 1889 in Paris, die sie mitorganisiert hatte, hielt Zetkin ein Referat über die Frauenfrage, das dazu beitrug, die Frauen noch stärker in die sozialistische Bewegung einzubeziehen. Ihr im gleichen Jahr erschienenes Buch "Die Arbeiterinnen- und Frauenfrage der Gegenwart" legte die Grundlagen für die Frauenemanzipationstheorie der Sozialisten. Sie vertrat darin die These, dass Sozialismus und Feminismus eng miteinander verbunden seien. Zetkin verteidigte scharf das Recht der Frau auf Arbeit, auch gegenüber den eigenen Genossen, die der Meinung waren, Frauenarbeit müsse abgeschafft werden, da diese die Löhne der Männer drücke. Die bisherigen Theorien der Sozialisten über die Frauenfrage erweiterte sie um die Ansicht, dass die Frauen auch von der männlichen Vormachtstellung befreit werden müssten. "Diejenigen, welche auf ihr Banner die Befreiung alles dessen, was Menschenantlitz trägt, geschrieben haben, dürfen nicht eine ganze Hälfte des Menschengeschlechtes durch wirtschaftliche Abhängigkeit zu politischer und sozialer Sklaverei verurteilen. Wie der Arbeiter vom Kapitalisten unterjocht wird, so die Frau vom Manne; und sie wird unterjocht bleiben, solange sie nicht wirtschaftlich unabhängig dasteht. Die unerlässliche Bedingung für diese wirtschaftliche Unabhängigkeit ist die Arbeit. Will man die Frauen zu freien menschlichen Wesen, zu gleichberechtigten Mitgliedern der Gesellschaft machen wie Männer, nun, so braucht man die Frauenarbeit weder abzuschaffen noch zu beschränken, außer in gewissen, ganz vereinzelten Ausnahmefällen." 1890 wurden die Sozialistengesetze aufgehoben. Zetkin kehrte nach Deutschland zurück. Hier wurde ihr 1892 die Redaktion der sozialdemokratischen Zeitung für Frauen "Die Gleichheit" angeboten, die sie 25 Jahre lang leitete. Gleichzeitig begann sie mit der Redaktion der Frauenbeilage der "Leipziger Volkszeitung". Damit bildete sie das geistige Zentrum und das Sprachrohr der wachsenden proletarischen Frauenbewegung. Sie bemühte sich um eine Politisierung der Arbeiterinnen im Sinne des Sozialismus. Clara Zetkin kämpfte um die ökonomische Unabhängigkeit der Arbeiterinnen und aller Frauen. Damit verbunden war das Recht auf gleiche Löhne bei gleicher Arbeit, auf gewerkschaftliche Organisierung und Interessenvertretung sowie staatliche Kinderbetreuung. Gleichzeitig sollten Frauen gleiche politische Rechte erhalten. Später als die bürgerlichen Frauen, jedoch mit Vehemenz, trat sie für das Frauenwahlrecht ein und setzte sich dafür ein, dass diese Forderung in das Programm der deutschen Sozialdemokraten aufgenommen wurde. Der Internationale Frauentag, der 1911 erstmals gefeiert wurde, geht auf ihre Anregung zurück. Gleichzeitig trat Zetkin auch für eine Verbesserung der Rolle der Frau in der Familie ein. Bisher habe "das Leben der Frau im Zeichen der Unterordnung unter die Familie" gestanden. Hingegen solle sich die Ehe als eine Vereinigung gleichberechtigter Partner, die sich gegenseitig bereichern, entwickeln. Die Ehepartner seien beide für die Erziehung der Kinder verantwortlich, die Erziehung solle frei von Geschlechtsstereotypen erfolgen. "Wie Mann und Weib zusammengehören als Zeugende, so gehören sie auch zusammen als Erzieher des Kindes, denn die Erziehung ist eine zweite Schöpfung des Kindes und in vielfacher Beziehung oft genug die wichtigste Schöpfung. [...] In diesem Zusammenhang möchte ich ganz besonders auf die Pflicht der Eltern aufmerksam machen, ihre Knaben und Mädchen nicht in den Vorurteilen aufzuziehen, dass es Arbeiten gibt, die des Mannes unwürdig sind, die aber dem Weibe geziemen. Knaben und Mädchen sollen alle Verrichtungen, die das häusliche Leben mit sich bringt, mit gleich großer Geschicklichkeit und Freudigkeit verrichten können." Zetkin befürwortete Ehescheidung, "freie Liebe" und Schwangerschaftsabbrüche als private Entscheidung und trat gegen die doppelte Moral auf. Sie selbst heiratete 1900 den 18 Jahre jüngeren Dichter und Maler Friedrich Zundel und lebte mit ihm und ihren beiden Söhnen in Stuttgart. Als die Führungsspitze der Sozialdemokraten den Krieg befürwortete, stellte sich Zetkin offen dagegen und bekämpfte von Anfang an deren reformistischen Kurs. Als sie Flugblätter mit den Forderungen der Frauenkonferenz zur Beendigung des Krieges in Deutschland verteilen ließ, wurde sie verhaftet und des Landesverrats angeklagt, jedoch aufgrund ungeheuren Protests aus der Haft entlassen. Der parteiinterne Richtungsstreit der deutschen Sozialdemokraten, der sich an der Kriegsfrage entzündet hatte, endete in einer Spaltung: Die Gruppe der "radikalen Linken" um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gründete 1917 die sogenannte "Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD)", später die KPD, die Kommunistische Partei Deutschlands. Zu dieser Gruppe gehörte auch Clara Zetkin, die eine enge Freundin von Luxemburg war. Die Redaktion der "Gleichheit" wurde ihr daraufhin entzogen. In der KPD war sie von 1919 bis 1924 Mitglied des Zentralkomitees, wo sie den gemäßigten Flügel der Partei vertrat. Gleichzeitig begann sie mit dem Aufbau einer KPD-Frauenbewegung. Wieder redigierte sie parteinahe Frauenzeitungen (z.B. "Die Kommunistin"). 1921 wurde sie auf der Zweiten Internationalen Frauenkonferenz zur Leiterin des Westeuropäischen Internationalen Frauensekretariats der Komintern in Berlin bestimmt.
[Autorin: Dorette Wesemann, Redaktion: Ragnar Müller]
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