| |
Neben der geschichtlichen
Entwicklung, den geographischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen sowie dem
Wahlrecht, denen gesonderte
Abschnitte gewidmet sind, bildet die Ausgestaltung des politischen Systems
eines Staates eine zentrale Einflussgröße für das Parteiensystem. Wie das Präsidialsystem
der USA in seinen Grundzügen aussieht, ist Thema des folgenden Textes.
|
Regierungssystem
der USA |
In den USA sieht die
"Regierung" (Administration) [folgendermaßen] aus: Sie besteht
verfassungsgemäß nur aus einer einzigen Person, dem indirekt vom Volke
gewählten Präsidenten (...). |
Aus
der
Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung:
"(...)
We hold these truths to be self-evident, that all men are
created equal, that they are endowed by their Creator with
certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty,
and the pursuit of Happiness — that to secure these rights,
Governments are instituted among Men, deriving their just powers
from the consent of the governed, that whenever any form of
Government becomes destructive of these ends, it is the Right of
the People to alter or to abolish it, and to institute new
Government, laying its foundation on such principles, and
organizing its powers in such form, as to them shall seem most
likely to effect their Safety and happiness (...)". |
|
[Der amtierende
Präsident George
W. Bush] |
Der
amerikanische Präsident ist Staatsoberhaupt und Premierminister in
einer Person, denn die amerikanische Verfassung sieht kein
"Kabinett" und keine "Minister" vor. So muss sich
der Präsident damit behelfen, einen Kreis von Mitarbeitern um sich zu
scharen, denen er wegen ihrer Loyalität und Integrität Vertrauen
schenken kann. Es sind neben persönlichen Beratern auch die Leiter der
Departements (Ministerien), die nominell nichts anderes als
Staatssekretäre sind. (...) Er ist unabsetzbar — nur ein Gericht kann
ihn wegen strafbarer Handlungen absetzen (impeachment). Präsident Nixon
ist der Absetzung durch seinen Rücktritt zuvorgekommen. Seine
Machtfülle kann der Präsident aber nicht frei ausspielen: Will er
regieren, muss er seine Gesetzesvorlagen durch die beiden Häuser des
Kongresses bringen. Das gelingt nur, wenn er die Mehrheit für seine
Vorlagen gewinnt. |
Der Kongress, das heißt der
Senat, in dem 100 einflussreiche Senatoren die Interessen der Einzelstaaten
vertreten, und das Repräsentantenhaus, in dem 435 Abgeordnete die lokalen
Interessen vertreten, ist andererseits vom Präsidenten unabhängig. Dieser kann
weder den Senat, noch das Repräsentantenhaus auflösen, noch kann er Gesetze,
die im Kongress entstanden und angenommen sind, blockieren, jedenfalls nicht,
wenn beide Häuser seine Unterschriftsverweigerung (Veto) mit
2/3-Mehrheit
überstimmen. Vielmehr kann der Kongress den Präsidenten unter Druck setzen,
weil nur er den vom Präsidenten vorgelegten Haushalt genehmigen kann, das
heißt, die für Ausführung der Gesetze notwendigen Finanzmittel zur Verfügung
stellt.
So hat die Verfassung die
Staatsgewalt zwischen der Legislative, dem Kongress, und der Exekutive, dem
Präsidenten, durch ein System kontrollierender und hemmender Kompetenzen
geteilt (checks and balances) mit dem Ziel, jede diktatorische
Alleinherrschaft zu unterbinden.
Die Überforderung des
amerikanischen Präsidenten wird deutlich, wenn man bedenkt, dass er
|
als Staatsoberhaupt bei
Empfängen und Staatsbesuchen die USA repräsentieren muss, dass er alle
höheren Beamten, Botschafter, Offiziere und Richter ernennen und das
Gnadenrecht ausüben muss, |
|
als Regierungschef die
Richtlinien seiner gesamten Politik entwerfen und als Gesetze durch das
komplizierte System der beiden Kammern des Kongresses bringen muss, |
|
als Verwaltungschef die
Verwirklichung der verabschiedeten Gesetze über die Ministerien durch das
Räderwerk der Verwaltung sicherstellen muss, |
|
als Oberbefehlshaber der
Streitkräfte für den ganzen Komplex der materiellen und personellen
Ausstattung des Heeres, der Marine und der Luftwaffe und für ihre
strategischen Konzeptionen verantwortlich ist, |
|
als der mächtigste Führer
des Westens, zusammen mit seinem Außenminister die heute über die ganze
Erde ausgedehnte und fast alle Staaten beeinflussende Außen- und
Weltwirtschaftspolitik verantwortlich leiten soll, schließlich |
|
als amtierender Präsident
seine Partei zu führen hat. |
Heute stellt sich die dringende
Frage, ob diese Aufgaben- und Machtkonzentration in einer Hand, die unter ganz
anderen Bedingungen Ende des 18. Jahrhunderts berechtigt gewesen sein mag, heute
noch den Anforderungen des ausgehenden 20. und des kommenden 21. Jahrhunderts
gerecht werden kann.
[aus: Ernst Rudolf Voigts: Die
Vereinigten Staaten von Amerika, Informationen zur politischen Bildung 156, Bonn
BpB 1979]
[Seitenanfang]
|