Formen

 

Demokratie

Formen der Opposition

Der folgende Text beleuchtet die verschiedenen Formen, wie Opposition in einer Demokratie aussehen kann. Unterschieden werden die beiden Grundformen, kompetitive und kooperative Opposition:

1 Formen der Opposition 3 Kooperative Opposition
2 Kompetitive Opposition 4 Keine strikte Trennung

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Buchauszug

Kompetitive und kooperative Opposition

Formen der Opposition

Doch nicht nur die Beziehungen zwischen Regierung und Regierungsmehrheit gestalten sich in den verschiedenen politischen Systemen unterschiedlich aus und unterliegen mit der Zeit Veränderungen, dies gilt auch für die Haltung der Opposition zu Regierung und Regierungsmehrheit. Klammert man das Problem der außerparlamentarischen Opposition — derjenigen Gruppierungen also, die nicht im Parlament vertreten sind und durch Demonstrationen, Blockaden und ähnliche Strategien ihre Gegenposition zur herrschenden Mehrheit zu verdeutlichen versuchen — hier aus, so ist die Opposition einfach zu umschreiben.

Sie wird durch diejenigen Parteien gebildet, die im jeweiligen Parlament in der Minderheit sind und die Aufgabe haben, die Regierung zu kontrollieren, zu kritisieren und ihr Alternativen gegenüberzustellen. So klar diese Aufgabenumschreibung im ersten Augenblick erscheint, die Erwartungen, denen sich eine Opposition gegenübersieht, sind doch sehr unterschiedlich (...).

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Kompetitive Opposition

Eine kompetitive Opposition sieht ihre Aufgabe in erster Linie darin, eine klare Gegenposition zu den Regierungsentscheidungen bereitzustellen. Sie zielt mit ihrer Kritik am Regierungshandeln zum Beispiel nicht auf eine Verbesserung von Gesetzesvorlagen der Regierung. Ihr Blick gilt vielmehr den nächsten Wahlen. Der Wählerschaft sollen die Mängel der Politik der Regierung deutlich gemacht werden, und sie soll dazu veranlasst werden, sich bei der nächsten Wahl zugunsten der derzeitigen Opposition zu entscheiden. Die Sachalternativen werden nicht selten durch personelle Alternativen unterstrichen. In Großbritannien zum Beispiel steht dem Premierminister der Oppositionsführer (Leader of the Opposition) mit seinem "Schattenkabinett" gegenüber, in dem verschiedene Schattenminister für unterschiedliche Politikbereiche zuständig sind und mit dem verdeutlicht werden soll, dass die jeweilige Opposition kompetente Fachleute und potentielle Minister in ihren Reihen hat.

Versteht sich eine Opposition in erster Linie als kompetitives Gegenüber zur Regierung, so wird die Detailarbeit in den Ausschüssen bedeutungslos. Der Ort der scharfen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition ist das Parlamentsplenum. Hier wenden sich Regierung und Regierungsmehrheit sowie Opposition an die Wählerschaft: die eine Seite mit dem Ziel der Rechtfertigung ihrer Entscheidungen, die andere Seite mit der Absicht, die Mängel und Fehler der Regierungspolitik herauszustellen.

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Kooperative Opposition

Die kooperative Opposition hingegen denkt nicht in erster Linie an die nächsten Wahlen. Ihr kommt es vor allem darauf an, ihre eigenen Vorstellungen nicht nur als Alternativen zu den Regierungsentscheidungen darzustellen, sondern soweit wie möglich in den konkreten Gesetzesentscheidungen unterzubringen. Solche Erfolge kann sie aber nur dann erzielen, wenn sie darauf verzichtet, der Regierung öffentlich ihre Unfähigkeit nachzuweisen. Sie ist gezwungen, während der Verhandlungen in den Ausschüssen zu versuchen, der Regierung und der Regierungsmehrheit möglichst viele Zugeständnisse abzuringen.

Wird ein solches Oppositionsverhalten auf die Spitze getrieben, so findet die wesentliche Parlamentsarbeit fast ausschließlich in den Ausschüssen statt, das Plenum hingegen, in dem die unterschiedlichen Positionen von Mehrheit und Minderheit der Öffentlichkeit vermittelt und ihr gegenüber begründet werden sollen, verliert seine Funktion. Der Wähler kann die Verantwortung für Entscheidungen nicht mehr zurechnen, da für ihn die Kompromisse nur schwer über- und durchschaubar sind.

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Keine strikte Trennung

So einleuchtend die Unterscheidung zwischen den beiden Oppositionstypen auf den ersten Blick auch ist, sie trägt Probleme in sich. Um hier nur die wichtigsten anzusprechen:

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Es gibt zwar rein kompetitive Oppositionsparteien, sie sind jedoch meist nur von geringer Bedeutung im jeweiligen politischen System. Existiert jedoch eine große Partei, die es sich leisten kann, auf strikten Oppositionskurs zur Mehrheit zu gehen, ist dies ein ernstes Anzeichen für die Instabilität des betreffenden Systems. Eine rein kooperative Opposition ist hingegen schwer vorstellbar. Sie vernachlässigt nicht nur ihre eigentlichen Aufgaben, sie brächte sich auch um die Chance, sich dem Wähler als künftige Regierungspartei zu empfehlen.

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Eine strikt kompetitive Opposition ist dann denkbar, wenn sie nicht nur eine Alternative zu der regierenden Mehrheit, sondern auch zum politischen System selbst bieten will. Sie wird nämlich bei einer Regierungsübernahme feststellen müssen, dass der Spielraum einer Regierung in einer Demokratie westlichen Musters erheblichen Beschränkungen unterliegt. Sie wird einsehen müssen, dass sich Alternativen wesentlich leichter anbieten als durchsetzen lassen. Kann sie ihre eigenen Vorstellungen aus der Oppositionszeit in wesentlichen politischen Bereichen dann nicht verwirklichen, verliert sie notwendigerweise an Glaubwürdigkeit (...).

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Trotz der hier aufgeführten Bedenken wird man der Unterscheidung zwischen kooperativem und kompetitivem Oppositionsverhalten einen gewissen Erklärungswert nicht absprechen können (...). Man sollte aber immer im Auge behalten, dass eine Opposition zumindest dann, wenn sie selbst die Regierung übernehmen will, im Normalfall gezwungen ist, sowohl kompetitiv als auch kooperativ zu agieren. Sie muss glaubwürdig bleiben und sie muss Alternativen zeigen. Sie wird nicht immer von vornherein Nein sagen können zu Regierungsvorschlägen, vor allem dann nicht, wenn ihr von Regierungsseite die Zusammenarbeit angeboten wird. Sie wird sich aber auch nicht auf eine immerwährende Zusammenarbeit mit der Regierung einlassen können.

Eine Mischung aus kompetitiven und kooperativem Oppositionsverhalten liegt letztlich auch in der Konsequenz der Aufgaben einer Opposition im parlamentarischen Regierungssystem. Die "klassische Trias Kritik, Kontrolle, Alternative" (Heinrich Oberreuter) bildet die Grundlage für die Aufgabe einer parlamentarischen Opposition. Unter Alternative hat man sowohl Sach- als auch Personalalternativen zu verstehen. Kontrolle bedeutet, dass die Opposition die Regierungspolitik auf ihre Übereinstimmung mit der Verfassung und den Gesetzen hin überwacht. Kritik schließlich darf nicht als bloße Nörgelei im Detail verstanden werden, sondern muss auch die Bereitschaft zur konkreten Mitarbeit, zur Verbesserung von Regierungsvorschlägen umfassen. Die Opposition nimmt diese Aufgaben nicht allein im Parlament wahr, sondern wendet sich auch direkt an die Wählerschaft.

[aus: Bundeszentrale für politische Bildung: Parlamentarische Demokratie 1, Informationen zur politischen Bildung Nr. 227, 1993]

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