Abgrenzung

Nach oben Funktionen Mittler Medien Abgrenzung Voraussetzung

 

Schaubild

Parteien

 

 

Parteien, Verbände und Medien bilden das intermediäre System. Sie halten die Verbindung zwischen den Bürgerinnen und den Verfassungorganen lebendig und sind damit zentraler Bestandteil jeder Demokratie. Sie sind eng miteinander verflochten, ihre Aufgaben überschneiden sich, sie sind aufeinander angewiesen. Und doch erfüllen sie jeweils andere, spezifische Aufgaben.

Der folgende Text vergleicht die Aufgaben von Parteien und Verbänden im politischen System. Hierzu steht auch ein Schaubild zur Verfügung, das die unterschiedlichen Funktionen von Parteien und Verbänden im Überblick veranschaulicht [... zum Schaubild "Parteien und Verbände"].

Ein weiterer Abschnitt im Rahmen dieses Grundkurses widmet sich den Medien und ihrem Verhältnis zu den Parteien [... zum Abschnitt Medien]. 

Parteien und Interessenverbände

Parteien und Interessenverbände bilden zwei grundlegende Typen politischer Organisation, die im Rahmen institutioneller Willensbildungs- und Entscheidungsstrukturen Chancen und Funktionen der Interessenvermittlung wahrnehmen. Neben den Parteien markieren die Interessenverbände im Feld der kollektiven Akteure einen zweiten Organisationstypus mit spezifischen Organisationsmerkmalen, funktionalen Eigenschaften und besonderen Beziehungsmustern zu den anderen Akteurstypen im politischen System (staatliche Institutionen, Medien usw.), nicht zuletzt den Parteien. Interessenverbände organisieren und artikulieren gesellschaftliche Interessen der einzelnen Bürger, sozialen Gruppen oder anderen sozialen Aktionseinheiten (Unternehmen, Vereine usw.) und lassen sich von Parteien in der Regel durch drei Elemente abgrenzen:

1. Sie beteiligen sich nicht selbst am parlamentarischen Mandatswettbewerb.

2. Ihr Arbeitsbereich (Zweck, Ziele, Programme) ist gesellschaftlich-sektoral (nach Funktionsbereichen und sozialen Gruppen) stärker differenziert und spezifiziert, während Parteien tendenziell eine allgemeinere Gestaltungsfunktion und die Repräsentation oder auch Integration verschiedener Sozialgruppen beanspruchen.

3. Sie sind stärker in die spezifischen Sozialzusammenhänge der jeweiligen Interessengruppe eingebunden, also auch organisatorisch enger mit den gesellschaftlichen Struktur- und Handlungsmustern verknüpft, bis hin zu kontinuierlichen Konflikt- bzw. Kooperationsbeziehungen mit anderen Interessenverbänden (z. B. Tarifvertragssystem).

Die politischen Aktivitäten, Beziehungen und Funktionen von Interessenverbänden müssen also insgesamt stärker mit Blick auf ihre Nähe zur gesellschaftlichen Basis (soziale Strukturen, Gruppen und Problembereiche) und ihre Ausrichtung auf die zugehörigen Politikfelder gesehen werden. Diese sektorale Verankerung der Verbände steht im Kontrast zur territorialen und politisch generalisierten Repräsentationsgrundlage der Parteien.

In diesem Definitionsrahmen sind Verbände jedoch nicht homogen, sondern bilden ein breites Spektrum nach Interessenrichtung und Zweck, Allgemeinheitsgrad oder Partikularität der Zielsetzung, Größe, Organisationsstruktur, Machtbasis, Einflusspotential, Strategien usw. (...)

Eine inhaltliche Gliederung wird meist nach großen Tätigkeits- und Konfliktfeldern vorgenommen: 1. Wirtschafts- und Arbeitssystem, 2. sozialer Bereich, 3. Kultur, Religion und Wissenschaft, 4. gesellschaftlicher Querschnittsbereich, z. B. Menschenrechte, Umwelt und Frieden (z. T. zusätzlich Verbände öffentlich-rechtlicher Körperschaften wie die kommunalen Spitzenverbände ) (...).

[Seitenanfang]

Für die politische Relevanz der Interessenverbände ist mit einer großen Bandbreite zu rechnen; auch für die Beziehungen zu den Parteien ergibt sich ein vielschichtiges Bild. Erste Hinweise ergeben sich aus den möglichen Funktionsschwerpunkten und dem übergreifenden Handlungsrahmen des staatlich-institutionellen Systems. Interessenverbände können ihre Zwecke auf vier Funktionsschwerpunkte ausrichten: a) auf Selbsthilfe und Selbstregulierung ihrer Mitgliedschaft, b) auf horizontale Konfliktbeziehungen mit Gegen-Verbänden, c) auf politischen Einfluss gegenüber institutionellen Akteuren, und d) auf die eigene Produktion von (Dienst- )Leistungen zugunsten einer bestimmten Klientel (die sich mit der eigenen Mitgliedschaft überschneiden kann). Diesen Schwerpunkten kann man typische organisatorische Logiken der Zielrealisierung zuordnen (Mitgliederlogik, Konflikt- und Verhandlungslogik, Einflusslogik, Produktionslogik). Zwar erscheint die Einflussfunktion bei Interessenverbänden besonders naheliegend, doch die anderen Funktionsschwerpunkte dürfen nicht übersehen werden, wie die Beispiele der Tarifparteien (Konfliktbeziehungen) und der Wohlfahrtsverbände (Produktion sozialer Dienstleistungen) zeigen. Im übrigen muss jeder Verbandstyp jenseits seiner Hauptfunktion auch den anderen Funktionsproblemen in gewissem Umfang gerecht werden, insbesondere dem Problem der Mitgliedschaftsintegration und des politischen Einflusses.

(...) Den Handlungsrahmen für politischen Einfluss der Verbände bildet das staatlich-institutionelle System von Parlamenten, Regierungen, Verwaltungen und Justiz (...). In diesen Handlungsraum sind zugleich als zentrale Akteure die Parteien integriert, die im Wettbewerb um Macht und als Inhaber öffentlicher Ämter wesentlichen politischen Entscheidungseinfluss ausüben. In der Interessenvermittlung nehmen Parteien generell eine Doppelrolle ein: Einerseits sind sie Adressat verbandlich organisierter Interessenforderungen (zumal als Regierungspartei), andererseits agieren sie selbst als Interessenvertreter im politischen Entscheidungsprozeß und gegenüber anderen Parteien. Parteien und Verbände unterliegen für unterschiedliche Funktionen also in gewissem Umfang gemeinsamen Aktionsbedingungen. Als Grundfunktionen der Verbände in der Demokratie gelten Interessenartikulation, Interessenaggregation, Interessenselektion und ihr Beitrag zur politischen Integration, also eine Funktionsteilung mit den Parteien im Sinne eines Stufenmodells politischer Interessenvermittlung (...).

Die Doppelrolle der Parteien und die großen Unterschiede im Parteien- wie im Verbändespektrum bringen verschiedenartige Beziehungsmuster von Verbänden und Parteien hervor. Vor allem unterscheiden sich Parteien gravierend nach Größe und Machtstellung, z. B. bildet eine große, dauerhafte Regierungspartei für einen Interessenverband einen ganz anderen Bezugspunkt als eine kleine Oppositionspartei. Verbände können andererseits nach Mitgliederzahlen, gesellschaftlicher Funktion und Finanzkraft stark variieren und nicht nur zu Parteien in Beziehung treten, sondern auch (direkt) zu Ministerialverwaltungen, bei denen sie u.U. mehr Einfluss gewinnen als manche Partei. Das einfachste Muster für das Verhältnis von Verbänden und Parteien biete das pluralistische Einflussmodell, wonach eine Vielzahl von (zum Teil miteinander konkurrierenden) organisierten Interessen auf einzelne oder mehrere Parteien Einfluss zugunsten bestimmter Forderungen auszuüben sucht. Ein anderes, aber ebenfalls plausibles Bild ergibt sich aus dem Kooperationsmodell, demzufolge Verbände und Parteien dauerhaft und für gemeinsame Zielsetzungen kooperieren, möglicherweise sogar mit hoher ideologisch-organisatorischer Integration (etwa in einem gesellschaftlichen Konfliktlager vom Typus der klassischen Arbeiterbewegungen). Als dritte Variante kommt ein Interdependenzmodell in Frage, bei dem — etwa im Rahmen eines korporatistischen Steuerungsverbundes — Interessenverbände und Parteien in einer gegenseitigen Austausch- und Einflussbeziehung stehen, auch wenn sie nicht im Sinne des Kooperationsmodells »befreundete« Organisationen sind.

[Theo Schiller; aus: O. Gabriel u.a. (Hg.), Parteiendemokratie in Deutschland, Bonn BpB 1997]

[Seitenanfang]

 

horizontal rule

News    II    Produkte    II    Unterrichtsmaterial

Themen: Web 2.0  I  Menschenrechte  I  Vorbilder  I  Update: Demokratie  I  Parteien  I  Europa  I  Globalisierung  I  Vereinte Nationen  I  Nachhaltigkeit

Methoden:    Politikdidaktik    II    Friedenspädagogik    II    Methoden
 

     


Dieses Onlineangebot zur politischen Bildung wurde von agora-wissen entwickelt, der Stuttgarter Gesellschaft für Wissensvermittlung über neue Medien und politische Bildung (GbR). Bei Fragen oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an uns. Trägerorganisation des Bildungsprogramms D@dalos ist der Verein Pharos Stuttgart/Sarajevo.