| |
Der Bildungsbegriff
Wer sich mit politischer Bildung
beschäftigt, muss deutlich machen, welches Verständnis der beiden Begriffe -
Politik und Bildung - er zugrundelegt. Auf dieser Seite widmen wir uns dem
Bildungsbegriff, das zugrundeliegende Politikverständnis ist Thema auf der
Seite Politik.
|
"Menschlich
(oder schlicht 'Mensch') zu sein, ist das charakteristische
Lernziel jeder Art von klassischer Bildung, ob im Orient oder im
Okzident."
[Brücken in die Zukunft.
Ein Manifest für den Dialog der Kulturen. Eine Initiative von
Kofi Annan] |
|
Was ist Bildung? - Mit dieser
Frage hat sich eine von der UNESCO einberufene internationale Expertenkommission
unter der Leitung von Jacques Delors beschäftigt und einen einflussreichen
Bericht vorgelegt mit dem Titel: "Lernfähigkeit: Unser verborgener Reichtum"
(Orig. "Learning - the Treasure Within"). Dieser Bericht skizziert einen
umfassenden Bildungsbegriff, der auf vier Säulen ruht:
"Das Konzept des lebenslangen Lernens ruht auf vier Säulen: 'Lernen,
Wissen zu erwerben', 'Lernen, zu handeln', 'Lernen, zusammenzuleben', 'Lernen
für das Leben'.
- Lernen, Wissen zu erwerben setzt voraus, eine ausreichend breite
Allgemeinbildung mit der Möglichkeit zu verbinden, eine kleinere Zahl
an Disziplinen vertieft zu studieren. In gewisser Weise heißt das auch:
Das Lernen lernen, um aus den Gelegenheiten, die ein lebenslanges Lernen
bietet, seinen Nutzen zu ziehen. |
"Jede
Person - ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener - muss in der
Lage sein, von Bildungschancen zu profitieren, die auf ihre
Grundlernbedürfnisse zugeschnitten sind. Diese Bedürfnisse
beinhalten sowohl Lerntechniken (wie etwa Lesen und Schreiben,
mündlicher Ausdruck, Rechnen und Lösen von Problemen) als auch
die grundlegenden Lerninhalte (wie etwa Wissen, Fähigkeiten,
Werte und Einstellungen), die der Mensch braucht, um zu
überleben, seine Fähigkeiten voll und ganz zu entwickeln, in
Würde zu leben und zu arbeiten, voll an der Entwicklung der
Gesellschaft teilzunehmen, seine Lebensqualität zu verbessern,
fundierte Entscheidungen zu treffen und sich weiterzubilden."
[Weltdeklaration zur
Bildung für Alle, Art. 1, Abs. 1] |
|
- Lernen, zu handeln bezieht sich nicht nur auf berufliche Qualifikationen,
sondern auch auf die Kompetenz, sich auf neue Situationen einzustellen und im
Team zu arbeiten. Dieser Punkt umfasst aber auch die praktische Anwendung des
Gelernten im Rahmen der unterschiedlichsten Erfahrungen der Jugendlichen im
sozialen und beruflichen Kontext (...).
- Für das Lernen, zusammenzuleben ist es unerlässlich, Verständnis für
andere zu entwickeln und gegenseitige, globale Abhängigkeiten zu erfassen, z.B.
durch gemeinsame Projekte und Konfliktbewältigungsstrategien. Dabei sind so
grundlegende Werte wie Pluralismus, wechselseitiges Verständnis und Frieden zu
respektieren.
- Für das Leben lernen schließlich bedeutet, die eigene Persönlichkeit
besser zu entfalten und mit zunehmender Autonomie, größerem Urteilsvermögen
und wachsendem Verantwortungsbewusstsein handeln zu können. Um dies zu
erreichen, darf die Erziehung keines der jedem Individuum innewohnenden
Potentiale vernachlässigen: Erinnerungsvermögen, Urteilskraft, Sinn für
Ästhetik, manuelle Fertigkeiten, kommunikative Fähigkeiten.
- Während die formalen Bildungssysteme dem Wissenserwerb als solchem Vorrang
einräumen und andere Arten des Lernens eher vernachlässigen, ist es heute
außerordentlich wichtig, Erziehung in ihrer Gesamtheit zu begreifen.
Bildungsreformen und Bildungspolitik sollten sich deshalb in Zukunft sowohl bei
den Inhalten als auch bei den Methoden an dieser Vision orientieren."
[Lernfähigkeit: Unser verborgener Reichtum. UNESCO-Bericht
zur Bildung für das 21. Jahrhundert. Hrsg. von der Deutschen UNESCO-Kommission.
Neuwied; Kriftel; Berlin: Luchterhand, 1997, S. 83]
Weitere Auszüge aus dem Bericht
"Lernfähigkeit: Unser verborgener Reichtum":
[Autor: Ragnar Müller]
[Seitenanfang]
|