Ehrenmorde

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Frauenrechtsverletzungen: Ehrenmorde

"Anstandsverbrechen" (honor crimes) sind im Osten und Südosten der Türkei sehr häufig. Sie sind traditionell im gesamten Mittelmeerraum wie auch im Nahen Osten und weit nach Asien und Afrika hinein verbreitet. Um was geht es? Mädchen, die ihre Jungfräulichkeit verloren haben, müssen mit ihrer Tötung durch die Familie rechnen. Eine Liebesaffäre ist ebenso tödlich wie eine Vergewaltigung oder ein sexueller Mißbrauch, sogar durch ein Familienmitglied. In diesem Fall stellt der Täter die Ehre der Familie wieder her, indem er die Missbrauchte tötet. Genauso ist eine Frau bedroht, wenn sie aus einer Ehe mit einem ungeliebten Mann ausbricht oder vor einer durch die Familie arrangierten Ehe flieht, auch wenn sie sich nicht mit einem anderen Mann eingelassen hat.

Die genaue Zahl von Ehrenmorden ist nicht bekannt, da viele Verbrechen als Unfälle getarnt werden. Allein in der Stadt Urfa in der Türkei wurden in den letzten fünf Jahren 26 offene Ehrenmorde begangen. In Pakistan werden jährlich Hunderte von Frauen wegen vermeintlicher illegitimer sexueller Beziehungen von ihren männlichen Verwandten verletzt oder getötet. Die Mädchen werden, falls sie geflohen sind, aufgespürt und getötet – erstochen, erschossen oder mit Benzin übergossen und angezündet, ertränkt, überfahren (durch männliche Familienmitglieder) oder vergiftet (durch ihre Mütter oder Schwiegermütter). In seltenen Fällen reicht der Ausschluss aus der Familie. Manchmal werden "geschändete" Mädchen auch schnell verheiratet. Doch hier ist die junge Frau, falls ihr "Ehrverlust" in der neuen Familie bekannt wird, ebenfalls vom Tod bedroht.

Der Hintergrund: Die patriarchale Moral macht die Ehre der gesamten Familie von der Jungfräulichkeit der Mädchen bzw. der Keuschheit der verheirateten Frauen abhängig. Dabei zählt es nicht, ob die Jungfräulichkeit freiwillig oder durch Gewalt verlorenging. Wird die "Schande" für Außenstehende sichtbar, etwa durch Schwangerschaft, kann nur der Tod der betroffenen Frau die Ehre wiederherstellen. Von den weiblichen Familienmitgliedern hat die betroffene Frau meist keine Hilfe zu erwarten, da auch sie die Ehre der Familie aufrechterhalten müssen und wollen. Die "Entehrung" einer Familie durch eine Tochter kann auch die Heiratschancen all ihrer Schwestern zunichte machen.

In Südostanatolien beispielsweise werden noch immer zwei Drittel aller Ehen durch die Familie arrangiert. Wichtig für das Prestige der Familie ist dabei das Brautgeld. Dies ist für viele junge Männer zu hoch, die damit rechnen müssen, lange Jahre für die Hochzeit sparen zu müssen. Die Mädchen sind zur Ehe mit älteren, ungeliebten Männern verurteilt. Daher nehmen die Fluchten junger Pärchen in die großen Städte zu.

Was wird gegen Ehrenmorde getan? Morde zur Wiederherstellung der Familienehre stehen in der Türkei unter Strafe. Dennoch wird die Gefängnisstrafe lieber in Kauf genommen, als die Entehrung der Familie bestehen zu lassen. Oft beauftragt der Familienrat ein minderjähriges Familienmitglied, etwa einen Bruder, die Tötung auszuführen, um der Strafe zu entgehen. Doch auch verurteilte Täter haben nur mit milden Strafen zu rechnen. Meist besteht die einzige Möglichkeit für Frauen, dem sicheren Tod zu entkommen, in der Flucht. Es existieren jedoch bisher keine klaren gesetzlichen Bestimmungen, die ein Asyl für solche Frauen möglich machen. Auch Mädchen und Frauen von Einwanderern nach Europa sind bedroht, vor allem wenn sie Rechte in Anspruch nehmen wollen, die sie bei den europäischen Frauen sehen.

[Autorin: Dorette Wesemann, Redaktion: Ragnar Müller]

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