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Die Weltkonferenzen der 90er Jahre als
Beispiel für Global Governance
Die Weltkonferenzen der 90er Jahre bilden
wichtige Ansatzpunkte für Global Governance. Auf diesen „Mammutkonferenzen“
kamen Tausende von Regierungsvertretern, Journalisten und Vertretern von
Nichtregierungsorganisationen (NGO) zusammen. Insbesondere die Teilnahme von NGO
wird häufig als Beginn einer neuen Epoche der Weltpolitik gewertet. Die folgende
Tabelle listet die wichtigsten Konferenzen auf:
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Jahr |
Ort |
Thema |
Link |

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1990 |
New York |
Kinder |
...
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1992 |
Rio de Janeiro |
Umwelt und Entwicklung |
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1993 |
Wien |
Menschenrechte |
...
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1994 |
Kairo |
Bevölkerung |
...
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1995 |
Kopenhagen |
Soziale Entwicklung |
...
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1995 |
Peking |
Frauen |
...
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1996 |
Istanbul |
Wohnen |
...
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1994 in Kairo nahmen 3500 Regierungsvertreter,
3800 Journalisten und 4000 NGO-Vertreter teil. Zu allen Konferenzen finden sich
umfangreiche Informationen im Internet.
Einen weiteren wichtigen Ansatzpunkt für Global Governance bilden Weltberichte:
 | 1972 Club of Rome: „Grenzen des Wachstums“ |
 | 1976 Tinbergen-Bericht: „Reform der
internationalen Ordnung“ |
 | 1980 Brandt-Bericht: „Das Überleben sichern“ |
 | 1982 Palme-Bericht: „Gemeinsame Sicherheit“ |
 | 1987 Brundtland-Bericht: „Unsere gemeinsame
Zukunft“ |
 | 1990 Nyerere-Bericht: „Die Herausforderung
des Südens“ |
 | 1993 Gruppe von Lissabon: „Grenzen des
Wettbewerbs“ |
 | 1995 Commission on Global Governance:
„Nachbarn in einer Welt (Original: Our Global Neighbourhood)“ |
 | 2001 Picco-Manifest (Initiative von Kofi
Annan): „Brücken in die Zukunft“ |
Der Bericht der Commission on Global Governance
zählt zu den zentralen Referenzpunkten der Diskussion um „Weltregieren“ und die
Reform der Vereinten Nationen. Der folgende Textauszug von zwei bedeutenden
Vertretern des Global Governance-Konzepts befasst sich mit Weltberichten und -konferenzen
als Meilensteine auf dem Weg zu diesem Konzept:
"Willy Brandt brachte in seiner Einleitung zum Brandt-Bericht (1980) in weiser
Voraussicht den Begründungszusammenhang von Global Governance auf den Punkt: „Ob
es uns passt oder nicht: Wir sehen uns mehr und mehr Problemen gegenüber, welche
die Menschheit insgesamt angehen, so dass folglich auch die Lösungen hierfür in
steigendem Maße internationalisiert werden müssen. Die Globalisierung von
Gefahren und Herausforderungen ... erfordert eine Art ‚Weltinnenpolitik’, die
über den Horizont von Kirchtürmen, aber auch über nationale Grenzen hinausreicht.“
Ein weiterer Wegbereiter des Global Governance-Konzepts war der 1987 vorgelegte
Bericht der Brundtland-Kommission über „Our Common Future“, der zur Bewältigung
der sich verschärfenden globalen Umweltkrisen das Leitbild der nachhaltigen
Entwicklung entwarf und die Notwendigkeit globaler und kooperativer
Problemlösungen betonte. Dieses Leitbild wurde dann 1992 auf der epochalen Rio-Konferenz
über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in das umfassende Aktionsprogramm der
Agenda 21 und teilweise in
völkerrechtliche Konventionen (Klimarahmenkonvention und
Biodiversitätskonvention) gegossen. Alle Weltkommissionen und die
Weltkonferenzen der 90er Jahre nahmen Bezug auf gemeinsame Überlebensinteressen
(„global commons“) und folgerten daraus Leitideen für globales Handeln, die dann
später die Global Governance-Architekten aufgriffen.
Die Weltkonferenzen der 90er Jahre wurden zutreffend als „Bausteine für Global
Governance“ bezeichnet (Fues/Hamm), weil auf ihnen eine neue Dramaturgie der
Weltpolitik inszeniert wurde. Hier zeichneten sich neben allem Spektakel neue
globale Akteurskonstellationen ab, die darauf schließen ließen, dass die Staaten
nicht mehr wie auf dem Wiener Kongress in diplomatischer Exklusivität schalten
und walten können und nicht mehr das Monopol bei der Gestaltung der
internationalen Beziehungen besitzen. Diese Trends spielten bei der
Fortentwicklung des Global Governance-Konzepts eine wichtige, obgleich
umstrittene Rolle."
[aus: Dirk Messner/Franz Nuscheler, Das
Konzept Global Governance - Stand und Perspektiven; INEF-Report Heft 67/2003,
Institut für
Entwicklung und Frieden]
[Autor: Ragnar Müller]
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