Aggression
Nach oben Aggression Dilemma

 

Erklärung
Lerntheorie

Friedenspädagogik

Aggressionstheorien stehen bei der Erforschung der Kriegsursachen auf der Ebene des Individuums im Mittelpunkt. Wie auch beim Begriff "Gewalt" (siehe Abschnitt Gewalt) stellt sich bei näherem Hinsehen heraus, dass der scheinbar eindeutige Begriff "Aggression" durchaus seine Tücken hat. Der folgende Textausschnitt versucht eine erste Annäherung:

"Engere Definitionen verstehen unter Aggression im Kern ein zielgerichtetes (...) Schädigen, Beeinträchtigen und Schmerzzufügen (z.B. andere Menschen verletzen, töten, bedrohen, beschimpfen, herabsetzen) (...). Im Alltag wird der Aggressionsbegriff häufig in wertendem Sinne gebraucht. Jemandem zu sagen, er verhalte sich aggressiv, ist meist als Vorwurf gemeint, nicht nur als Feststellung. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass das Verhalten anderer Menschen viel eher 'aggressiv' genannt wird als das eigene, und dass ungern von Aggression gesprochen wird, wenn man das schmerzzufügende Verhalten legitim findet ('berechtigte' Erziehungsmaßnahmen usw.).

Auch im politisch-militärischen Sinne wird meist von 'Aggression' gesprochen, wenn man eine Seite beschuldigt, ungerechtfertigt als erste angegriffen zu haben, während die Gegengewalt - obwohl sie ebenfalls zielgerichtet tötet und zerstört - nicht als Aggression, sondern als Verteidigung bezeichnet wird (...). Bekanntlich wirft daher jede Seite der anderen eine 'Aggression' vor und sieht sich selbst als Verteidiger. Ähnlich wertend und parteiisch wird übrigens auch der Begriff der 'Gewalt' verwendet (...).

Auch Gewalt wird, wie Aggression, gewöhnlich als zielgerichtetes Schädigen und Beeinträchtigen verstanden. Insofern liegen beide Begriffe nahe beieinander. Aber: Von Gewalt sprechen wir meist nur bei schweren, insbesondere körperlichen Aggressionen, doch beispielsweise nicht bei Beschimpfungen oder bösen Blicken. Insoweit ist Gewalt eine Unterform von Aggression."

[aus: Hans-Peter Nolting, Aggression ist nicht gleich Aggression. Ein Überblick aus psychologischer Sicht; in: Der Bürger im Staat 43, 2/1993, S. 91-92]

Wie lässt sich aggressives Verhalten erklären?

In der Psychologie werden drei Erklärungsansätze unterschieden: Triebtheorie, Frustrationstheorie und Lerntheorie. Ein weiterer Textauszug auf einer gesonderten Seite nennt die zentralen Aussagen dieser drei Ansätze und stellt erste Überlegungen dahingehend an, wie sich
Aggressionen vermindern lassen [... zur Seite Erklärungsansätze].

Diese Erklärungsansätze beziehen sich auf individuelle Aggression. Davon zu unterscheiden ist die Beteiligung eines Individuums an kollektiver Aggression - ein gerade für die Kriegsursachenforschung zentraler Aspekt:

Unterschiede zwischen individueller und kollektiver Aggression

"Individuelle Aggression und die Beteiligung an kollektiver Aggression sind psychologisch nicht gleichzusetzen, weil bei kollektiver Aggression der Einzelne ganz anderen situativen Einflüssen ausgesetzt ist, nämlich dem stimulierenden Verhalten anderer Personen. Diese Einflüsse machen es möglich, dass Menschen Dinge tun, die sie als Einzelne vermutlich niemals tun würden. Einzelheiten dieser Unterschiede sind in der Tabelle zusammengestellt. Es müssen nicht in jedem Fall alle aufgeführten Merkmale kollektiver Aggression gleichzeitig anzutreffen sein. So können z.B. Befehlsstrukturen bei einem 'spontanen' Aufruhr auf der Straße fehlen."

Individuelle Aggression

Kollektive Aggression

Einzelne Person als Aggressor

Mehrere kooperierende Personen

Meist gegen einzelne Person gerichtet

Meist gegen anderes Kollektiv gerichtet, zuweilen gegen einzelne

Aggressor und Opfer kennen einander in der Regel

Aggressor und Opfer kennen einander häufig nicht, bleiben auch oft anonym

Aggression ist eigenmotiviert (aktiv oder reaktiv)

Aggression ist bei vielen Beteiligten 'fremdmotiviert' (Befehl, Vorbild, Belohnung usw.)

Häufig Hemmungen durch Angst vor Strafe und persönliche Einstellung

Hemmungen oft vermindert durch Anonymität, Verantwortungsverteilung, Gruppenideologie, Propaganda

Selbständige Entscheidung, Ausführung der 'Gesamthandlung'

Entscheidungen oft über Befehlsstrukturen, geteilte oder diffuse Verantwortung, Arbeitsteilung

Lernen in 'normaler' Sozialisation

Bei organisierten Kollektiven vielfach systematische Schulung für Gewaltausübung

[aus: Hans-Peter Nolting, Aggression ist nicht gleich Aggression. Ein Überblick aus psychologischer Sicht; in: Der Bürger im Staat 43, 2/1993, S. 94]

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