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Inhaltsverzeichnis


Themen des Online-Lehrbuchs zur EU:

Einleitung

Bedeutung der EU

Was ist die EU?

EU-Entwicklung

EU-Institutionen

EU-Internetrecherche

 


Bedeutung der EU

Im Rahmen dieses Abschnitts wollen wir uns die Zeit nehmen, um uns einige Gedanken zu dem Gegenstand zu machen, mit dem wir uns beschäftigen, dem politischen System der EU. Warum eigentlich Beschäftigung mit der EU, was macht sie interessant und wichtig? Welche besonderen Anforderungen stellen sich bei der Auseinandersetzung mit diesem ganz eigentümlichen Gebilde?

Ein erster Punkt, der die EU so interessant macht, ist ihre außerordentliche praktische Bedeutung: Sie prägt nicht nur Politik und Wirtschaft, sondern auch den Alltag der Bürgerinnen in immer mehr Bereichen. Beispielhaft für diesen Einfluss steht die Einführung des Euro-Bargeldes als Zahlungsmittel zum 1.1.2002.


 

Das geht mittlerweile so weit, dass ein Verständnis des politischen Systems eines Mitgliedstaates ohne Kenntnis der EU einfach nicht mehr möglich ist. Wichtige Entscheidungen werden nicht mehr allein in den Hauptstädten der Mitgliedstaaten, sondern in Brüssel gefällt, wie die folgende Tabelle zeigt.


Entwicklung der EU-Kompetenzen

Legende zur Tabelle:
1 = keine EU-Kompetenzen
2 = begrenzte EU-Kompetenzen
3 = Kompetenzteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten
4 = exklusive EU-Kompetenzen

[Quelle: Simon Hix, The Political System of the European Union, Palgrave Macmillan, Basingstoke u.a. 20052, 20-21]
 

Politikbereiche

1950

1957

1968

1993

2007

Binnenmarkt/Freizügigkeit

Freizügigkeit von Gütern und Dienstleistungen

1

2

3

4

4

Kapitalfreizügigkeit

1

1

1

4

4

Freizügigkeit von Personen

1

2

3

4

4

Wettbewerbsregeln

1

2

3

4

4

Umweltstandards

1

2

2

3

3

(Um-) Verteilung von Mitteln

Agrarpolitik

1

1

4

4

4

Regionalpolitik

1

1

1

3

3

Forschung und Entwicklung

1

1

2

2

2

Sozialpolitik

1

1

1

2

2

Ausbildungswesen

1

1

1

1

2

Wohnungsbaupolitik

1

1

1

1

1

Währungs- und Steuerpolitik

Festlegung von Zinssätzen

1

1

2

3

4

Ausgabe von Währungen

1

1

1

1

4

Festlegung der Einkommensteuersätze

1

1

1

1

1

Innen- und Rechtspolitik

Einwanderungs- und Asylpolitik

1

1

1

2

3

Schutz von Bürgerrechten

1

1

1

2

3

Polizeiwesen und öffentliche Ordnung

1

1

1

2

2

Außenpolitik

Außenhandelspolitik

1

1

3

4

4

Verteidigungspolitik

1

1

1

1

2

Entwicklungshilfe

1

1

1

3

3






Erweiterungen: von 6 zu 27 Mitgliedstaaten



Größter Wirtschaftsraum der Welt

Die Bedeutung der EU ist auch deshalb gewachsen, weil sie immer größer geworden ist. Aus einer Gemeinschaft von ursprünglich sechs Mitgliedstaaten ist durch schrittweise Erweiterung die heutige EU-27, der größte Wirtschaftsraum der Welt geworden. Da kann es auch nicht überraschen, dass sie ein wichtiger Akteur in der internationalen Politik geworden ist, zum Beispiel bei den Verhandlungen im Rahmen der WTO (World Trade Organisation, www.wto.org) oder durch die Übernahme der UN-Missionen in Bosnien-Herzegowina und Kosovo.


EU-Erweiterungen im Überblick
 

 

6

Gründungsmitglieder: 1951/1957 Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande

 

9

Norderweiterung: 1973 Dänemark, Großbritannien, Irland

 

12

Süderweiterung: 1981 Griechenland, 1986 Portugal, Spanien

 

15

EFTA-Erweiterung: 1995 Finnland, Österreich, Schweden

 

27

Osterweiterung: 2004 Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern, 2007 Bulgarien, Rumänien

 

?

Kandidaten: Island, Kroatien, Mazedonien, Türkei
potenzielle Kandidaten: Albanien, Bosnien-Herzegowina, (Kosovo), Montenegro, Serbien

 






Integration durch Recht



Einzigartiges Rechtssystem

Das EU-Recht wirkt - nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den 1960er Jahren - direkt und unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Damit ist das Rechtssystem der EU im Bereich der internationalen Politik einzigartig. Nicht zuletzt dieser Integration durch Recht verdankt die EU ihre große Bedeutung. Sie ist auch die einzige internationale Organisation, die über ein direkt von den EU-Bürgerinnen gewähltes Parlament verfügt (mehr zu den Besonderheiten der EU im Abschnitt "Was ist die EU?").





EU ist auch für Bürger in Nicht-Mitgliedstaaten wichtig


Dass die EU überragende Bedeutung für die Bürgerinnen der Mitgliedstaaten besitzt, zeigt auch ein Blick in die Zeitung (auch wenn immer noch weniger über die EU berichtet wird, als ihrer Bedeutung entsprechen würde). Dass die EU aber auch für die Bürger anderer Staaten eine große Rolle spielt, ist weniger bekannt. Es wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, was es bedeutet, wenn ein Staat der EU beitritt (Kandidaten hierfür sind im Moment Island, Kroatien, Mazedonien und die Türkei; potenzielle Kandidaten sind Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Serbien).

Was etwas irreführend als Beitrittsverhandlungen bezeichnet wird, bedeutet praktisch, dass die beitrittswilligen Staaten den so genannten acquis communautaire übernehmen müssen. Hinter diesem Begriff verbergen sich weit über 80.000 Seiten EU-Gesetze! Über diesen acquis wird nicht verhandelt, er muss in die jeweiligen nationalen Rechts- und Verwaltungssysteme überführt werden. Dass dadurch die beitretenden Staaten tiefgreifend verändert werden, liegt auf der Hand. Und es wird auch klar, dass es immer schwieriger wird, der EU beizutreten, weil der acquis immer größer wird (Informationen zur Erweiterungspolitik auf dem EU-Server).

Die EU besitzt also nicht nur für die Bürgerinnen in den Mitgliedstaaten, sondern auch für die Bürger der beitrittswilligen Staaten große Bedeutung. Und im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik greift sie noch weiter aus. Die Beziehungen zu den Nachbarn im Osten (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, Ukraine, Weißrussland) und Süden (Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, palästinensisches Gebiet, Syrien, Tunesien) werden ebenfalls immer enger geknüpft, um Stabilität zu gewährleisten (Informationen zur Nachbarschaftspolitik auf dem EU-Server).






Integration als erfolgreiche Friedensstrategie



Beispiel für gelungene Konfliktregelung

Weiterhin verdient die europäische Integration größtes Interesse als gelungenes Experiment friedlicher Konfliktregelung. Dieser Aspekt ist gerade bei der jüngeren Generation etwas aus dem Blick geraten. Hier ist deswegen daran zu erinnern, dass die Staaten, die heute in einmalig intensiver Weise zusammenarbeiten, gemeinsame Institutionen geschaffen haben und eine gemeinsame Währung besitzen, bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch erbitterte Kriegsgegner waren. Das heißt auch, dass uns eine Beschäftigung mit diesem Prozess des Übergangs vom Krieg zur Zusammenarbeit möglicherweise Einsichten in die Voraussetzungen für friedliche Kooperation vermitteln kann.

Erwähnenswert ist aber auch, dass die EU für die Politikwissenschaft einen besonders reizvollen und spannenden Untersuchungsgegenstand darstellt. Sie ist an der Nahtstelle der Teildisziplinen Systemforschung und Internationale Politik angesiedelt und lässt wie im Brennspiegel erkennen, dass sich die Grenzen zwischen den beiden zunehmend aufzulösen beginnen.

Betrachtet man die EU-Entwicklung, die raschen Veränderungen des verfassungsrechtlichen Rahmens und des Mitgliederbestandes, drängen sich viele interessante wissenschaftliche Fragen auf: Was sind die Triebkräfte dieser Veränderungen? In welche Richtung führen sie? Wie lassen sich diese Prozesse analytisch und konzeptionell fassen? Es gibt also mehr als genug Gründe, sich auf die EU einzulassen und sie zu verstehen versuchen.






EU als neuartige Institution



Schwierigkeiten und Anforderungen bei einer Beschäftigung mit der EU

Damit kommen wir zur Frage, welche besonderen Anforderungen sich bei einer Beschäftigung mit der EU stellen. Was macht die Auseinandersetzung mit ihr so schwierig?



Zunächst einmal haben wir es mit völlig neuartigen, weder vom Nationalstaat noch aus der internationalen Politik bekannten Institutionen zu tun, die in einer Weise zusammenarbeiten, die ebenfalls ohne Vorbild ist und die zudem ständigen Veränderungen unterworfen ist. Allein sich hier einen Überblick zu verschaffen, ist schon außerordentlich aufwändig.




Mehrebenensystem der EU


Damit aber nicht genug. Das nächste Schaubild lässt erkennen, dass es sich bei der EU keineswegs nur um ein paar neuartige, vom Nationalstaat her unbekannte Institutionen handelt, sondern um ein Mehrebenensystem mit drei Ebenen. Erst all diese zusammengenommen machen die EU aus, bestimmen ihre Politik und den Fortgang ihrer Entwicklung. Und dieses komplexe Mehrebenensystem spielt in verschiedenen Politikbereichen in unterschiedlicher Weise zusammen. Entscheidungsmodi, Entscheidungsabläufe und das Gewicht der einzelnen Institutionen und Akteure variieren stark, je nachdem, um welchen Politikbereich es geht.










Regieren jenseits des Nationalstaats



Zum Ertrag einer Beschäftigung mit der EU

Nach diesem kurzen und hoffentlich nicht abschreckenden Überblick über die besonderen Anforderungen, die eine Beschäftigung mit der EU stellt, drängt sich natürlich die Frage auf, was es eigentlich bringt, sich dieser beträchtlichen intellektuellen Herausforderung zu stellen, und mit welchem Ertrag man rechnen kann.

Zum ersten werden Sie mit einer Organisation vertraut gemacht, die bereits heute unser tägliches Leben maßgeblich mitbestimmt und ohne deren Kenntnis Sie Politik, auch und gerade die Politik innerhalb der Grenzen Ihres Nationalstaats, im Grunde gar nicht mehr richtig verstehen und beurteilen können.

Ein ganz zentraler Aspekt ist, dass Sie Politik in ihrer institutionellen, prozessualen und inhaltlichen Dimension kennen lernen, wie sie uns heute mehr und mehr begegnet, nämlich ohne klare Trennung zwischen Innen- und Außenpolitik. Politik zeichnet sich stattdessen durch eine enge Verflechtung zwischen verschiedenen Ebenen und ein enormes Maß an Komplexität aus. Sie lernen das neue Phänomen des "Regierens jenseits des Nationalstaats" kennen, mit dem sich die Politikwissenschaft noch erkennbar schwer tut. Diese Schwierigkeiten resultieren unter anderem daraus, dass die traditionelle Trennung zwischen den Disziplinen Vergleichende Systemforschung auf der einen, Internationale Beziehungen auf der anderen Seite in Frage gestellt wird.

Dabei handelt es sich natürlich nicht um ein Phänomen, das auf die EU beschränkt wäre. Auch in anderen funktionalen oder regionalen Teilbereichen ist im Bereich der internationalen Politik eine zunehmende Verregelung zu beobachten, und die Politikwissenschaft sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, dass der Nationalstaat immer weniger als das unbestrittene politische Entscheidungszentrum angesehen werden kann, das allein autoritative Wertzuweisungen vornimmt. Eine Auseinandersetzung mit der EU führt Sie so gesehen über diesen Gegenstand hinaus an eine aktuelle Grundproblematik der Politik(wissenschaft) in einer sich dramatisch verändernden Umwelt heran.

... weiter zu Abschnitt 2: Was ist die EU?


[© Text und Grafiken: Gesellschaft Agora]
 

 

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