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Die Kriegsursachenforschung verfolgt das Ziel,
systematische und verallgemeinerbare Erkenntnisse über die Ursachen zu
gewinnen, die zu Kriegen führen oder die Eskalation eines Konflikts zum Krieg
begünstigen. Dadurch will sie einen Beitrag zur Verhinderung von Kriegen
leisten, was sie zu einem Teilgebiet der Friedensforschung macht. Denn nur wer
die Ursachen für Kriege kennt, kann die Bedingungen des Friedens angeben. In
der Regel werden Kriegsursachen auf drei Ebenen unterschieden:

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Ebene 1: Individuum - Auf dieser
Ebene spielen Aggressionstheorien
die maßgebliche Rolle. Sie suchen den Ursprung des Krieges in der menschlichen
Natur oder Psyche. Dabei lassen sich mehrere Erklärungsansätze unterscheiden,
mit denen sich ein gesonderter Abschnitt
beschäftigt.
Ebene 2: Gesellschaft/Staat - Undemokratische und ungerechte Staaten
neigen eher zum gewaltsamen Konfliktaustrag. Deshalb zählt Demokratisierung zu
den erfolgversprechendsten Friedensstrategien (siehe
Abschnitt Friedensstrategien). Die Ergebnisse der Kriegsursachenforschung
auf der Ebene des Staates lassen sich nach Dieter Lutz drei Gruppen zuordnen:
 | "Kriege entstehen aus Fehlbeurteilungen
der internationalen Situation oder weil politische Strategien der Kontrolle
der sie gebrauchenden Eliten entgleiten, tragen also gewissermaßen der
Charakter von 'Unfällen' im internationalen System (Fehlperzeptionstheorie). |
 | Kriege dienen der Ablenkung von
innenpolitischen Schwierigkeiten und Konflikten durch außenpolitische
Aktivität (...) (Substitutionstheorie). |
 | Kriege entspringen einem bewussten Kalkül
der herrschenden Elite im internationalen Ringen um die Verteilung
begrenzter und daher knapper materieller oder ideeller Güter (...)
(Interessentheorie, Kalkültheorie, Imperialismustheorie,
Schichtungstheorie, Revolutionstheorie, Ideologietheorie)." |
[Dieter Lutz, Lexikon Rüstung, Frieden,
Sicherheit, München 1987, S. 191]
Ebene 3: Internationales System/Staatensystem - Es wird argumentiert,
dass Kriege so lange zu erwarten sind, "wie die Aufteilung des Globus in
eine Vielzahl von staatlich verfassten, egoistischen Einheiten und die
Souveränität der Staaten besteht: Es fehlt eine ihnen übergeordnete,
kriegsverhindernde Sanktions- und Kontrollinstanz, so dass militärische
Aggressionen nur durch ihre ureigenen Machtmittel verhindert oder abgewehrt
werden können. Diese ebenso anarchische wie kriegsträchtige Struktur des
Staatensystems inspiriert und verführt politische Eliten zu militärgestützter
Machtpolitik" (Dieter Lutz, S. 193)
Zu den Faktoren, die hierfür verantwortlich sind, zählt das sogenannte Sicherheitsdilemma,
das Thema einer gesonderten Seite
ist.
[Autor: Ragnar Müller]
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