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Fair Play
Prävention
Praxisbeispiele

Friedenspädagogik

Grundkurs 5: Friedenspädagogik und Fair Play

"Fair Play bezeichnet nicht nur das Einhalten der Spielregeln, Fair Play umschreibt vielmehr eine Haltung des Sportlers: der Respekt vor dem sportlichen Gegner und die Wahrung seiner physischen und psychischen Unversehrtheit. Fair verhält sich derjenige Sportler, der vom anderen her denkt." (Auszug aus der "Deklaration des Internationalen Fair Play-Komitees")

Sport kann eine ideale "Schule fürs Leben" sein, er vermittelt Fähigkeiten und Werte. Deshalb ist der Sport ein wichtiges Feld der Friedenspädagogik. Fairness als Schlüsselqualifikation kann beim Sport besonders gut gelernt und eingeübt werden. Einen Überblick über die friedenserzieherischen Möglichkeiten von Sport und Fair Play gibt der folgende Text. Die einzelnen Aspekte, die der Text anspricht, werden in gesonderten Abschnitten vertieft:

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Fair Play:
Definitionen, Grundsätze, und Regeln; fair gehandelte Fußbälle; Arbeitsbedingungen in der Sportartikelindustrie
 

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Sport und Gewaltprävention:
Mediation im Fußball
 

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Praxisbeispiele:
Mitternachts-Basketball als Programm zur Gewaltbekämpfung; Straßenfußball für den Frieden; Olympische Spiele im Kriegsgebiet

Die Vereinten Nationen sehen im Sport ein wichtiges Instrument zur Erreichung der Milleniumsziele, denn Sport vermittelt folgende wichtige Fähigkeiten und Werte:

Fähigkeiten

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Kooperationfähigkeit

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Kommunikationsfähigkeit

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Achtung von vereinbarten Regeln

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Konstruktiver Umgang mit Konflikten

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Verständnis

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Beziehungen zu Anderen

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Führungsqualität

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Respekt vor dem Anderen

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Wertschätzung von Leistung

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Fähigkeit zu Gewinnen

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Fähigkeit zu Verlieren

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Wettkampfplanung

Werte

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Fair Play

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Teilen

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Selbstwertgefühl

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Vertrauen

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Redlichkeit

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Selbstachtung

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Toleranz

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Unverwüstlichkeit

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Teamwork

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Disziplin

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Vertrauen


[Sport for Development and Peace. Towards Achieving the Millenium Development Goals. Report from the United Nations Inter-Agency Task Force on Sport for Development and Peace. United Nations, 2003 - http://www.un.org/themes/sport/task.htm]

Sport in der Flüchtlings-, Entwicklungs- und Versöhnungsarbeit



 

„When one is active in sports, one does not commit genocide“ - mit dieser einfachen Formel wird eine Schülerin zitiert, die 1994 während des Bürgerkrieges in Ruanda unvorstellbare Gräueltaten überlebt hat. Vier Jahre später nimmt sie an einem Ausbildungsprogramm der ruandischen Regierung und des ruandischen Olympischen Komitees teil. Im Rahmen dieses Programms werden möglichst viele am Sport interessierte junge Menschen als Volleyball-Trainer und -Trainerinnen ausgebildet. Sie alle sollen nach ihrer Ausbildung dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche lernen, ihre erlittenen Kriegstraumata durch sportliche Betätigung und die Förderung von Teamgeist zu überwinden.

Sportliche Angebote werden auch am Ende eines gewaltsamen Konflikts bei der notwendigen Versöhnungsarbeit erfolgreich eingesetzt. Vor allem bei ethnopolitischen Konflikten lassen sich im Sport Menschen zusammenführen, die den unterschiedlichen Konfliktparteien angehören und ohne einen konkreten Anlass kaum Gelegenheit zum gegenseitigen Treffen und Kennenlernen hätten. Manchmal finden derartige Begegnungstreffen ohne äußeren Problemdruck im „geschützten“ Ausland statt.
 


Um Ausgleich und um zumindest kurzfristige Perspektiven ringen Millionen von Flüchtlingen, die in den Baracken und Lagern von der Hilfe von außen abhängig sind. „Sport und Freizeit sind überlebenswichtig für alle Kinder. Bei der Hilfe für Flüchtlingskinder sind sie unersetzlich, um eine zerstörte Welt wiederaufzubauen“, so Sadako Ogata, Hohe Kommissarin der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR. Die UN-Organisation betreut seit 1998 ein Lager in Tansania, in dem über 20.800 jugendliche Flüchtlinge untergebracht sind. Wie lange sie dort leben müssen, kann niemand vorhersagen. UNHCR bittet in solchen Fällen auch die internationalen und nationalen Sportverbände um Unterstützung ihrer Arbeit und es entstehen interessante Kooperationen.

Nichtregierungsorganisationen wie zum Beispiel „Brot für die Welt“ unterstützen Selbsthilfe-Projekte in vielen Ländern dieser Erde, bei denen der Sport eine wichtige Rolle spielt. Die Projektpartner in Afrika, Asien, Lateinamerika oder auch in Osteuropa wissen, dass durch Sport das Selbstbewusstsein gestärkt werden kann und dass zumindest in Ansätzen soziale Gräben überwunden werden können. Sportliche Angebote fördern die gesellschaftliche Integration von Straßenkindern oder bieten Anreize, um Kenntnisse und Fähigkeiten, die für einen Einstieg in das Berufsleben notwendig sind, weitergeben zu können.

Sport und Gewaltprävention

Doch nicht nur in den Krisen- und Kriegsgebieten dieser Erde erfüllt der Sport die Erwartungen, einen Beitrag zum Aufbau und zur Förderung ziviler Gesellschaften zu leisten. Wie man weiß, sind auch die gefestigten Demokratien von Konflikteskalation und Gewalt keineswegs verschont. Besonders beeindruckende Berichte über sportliche Angebote als jugendgerechte Form der Gewaltprävention kommen aus den USA.

Die „Mitternachtsspiele“ sind zum Symbol für Gewalt- und Kriminalitätsprävention durch sportliche Angebote geworden. Mit Basketball-Spielen in der Nacht zwischen 22 Uhr und 2 Uhr morgens sollen jugendliche Amerikaner vor dem gefürchteten Abgleiten in den Drogenkonsum und in die Kriminalität geschützt werden.

Nach den ersten Initiativen 1986 hat sich in den Staaten - analog zur National Basketball Association League, NBA - eine Midnight Basketball League, MBL, etabliert. Ihr gehören rund 10.000 junge Sportler an. Die meisten MBL-Spieler sind Afroamerikaner, stammen also aus der zahlenmäßig stärksten Gemeinschaft in den Armenvierteln der Großstädte.

Die Spieler verdienen kein Geld und müssen vor jedem Match an einer einstündigen Aussprache teilnehmen. Dort wird über verschiedene Themen diskutiert: Wie gestalte ich ein Vorstellungsgespräch bei einem neuen Arbeitgeber? Wie kann ich Konflikte ohne den Einsatz von Gewalt lösen? Wie kann ich mich vor Aids schützen und der Macht der Drogen entgehen? Garry A. Sailes, Professor für Sportsoziologie an der Universität Indiana, bilanziert: „Für die Jugendlichen aus Armenvierteln bietet die MBL nicht nur Gelegenheit, Basketball zu spielen, sondern auch Möglichkeiten, Identität und Selbstsicherheit zu finden.“

Zwischenzeitlich gibt es die Mitternachtsspiele in unterschiedlichsten Formen auch in Deutschland. Veranstalter und Förderer sind meistens die Kommunen in Zusammenarbeit mit den Sportvereinen und häufig auch der Polizei. Dominik Hermle, einer der „Macher“ der Mitternachtsspiele in Stuttgart: „Unser Projekt versucht, den sozialen Problemen von Jugendlichen wie Kriminalität, Armut, Drogenabhängigkeit und Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Der Sport kann die Probleme nicht lösen, aber vielfältige Beiträge dazu leisten. Er kann einen positiven Einfluss auf andere Lebensbereiche haben, hilft Aggressionen abzubauen, stärkt das Selbstvertrauen, schult Toleranz gegenüber anderen, lehrt Verantwortung zu übernehmen. Die Jugendlichen in Stuttgart nehmen das Angebot an.“

Die „Mitternachtsspiele“ sind allerdings nur ein besonders spektakulärer und manchen Jugendgruppen angemessener Baustein, wenn es um den Themenbereich „Sport und Gewaltprävention“ geht. In einer Reihe von Veröffentlichungen und Dokumentationen ist zwischenzeitlich nachzulesen, wie im sportlichen Bereich exemplarisch gelernt werden kann, sich fair gegenüber anderen zu verhalten und mit Konflikten konstruktiv umzugehen.

Fair Play in der Einen Welt

Der Sportwissenschaftler Ommo Grupe schreibt: „Neben dem an Fairness gebundenen Könnens- und Leistungsprinzip ist es die Pflege der sportlichen Vielfalt, die den olympischen Sport kennzeichnet. Man muss diese Vielfalt vor dem Hintergrund einer multikulturellen Welt, mit der es der auf Internationalität ausgerichtete olympische Sport heute in besonderer Weise zu tun hat, sogar besonders pflegen. Dieser Vielfalt entsprechen die olympischen Werte der Friedlichkeit, des gegenseitigen Respekts und der Internationalität in besonderer Weise. Sie reichen natürlich nicht, Konflikte zu lösen, wohl aber, Modelle für den Umgang mit Konflikten anzubieten. Der olympisch orientierte Sport setzt ausdrücklich die Akzeptanz des Andersseins voraus, und er erzeugt sie dann auch, wenn er sich konsequent gegen die Diskriminierung von Rasse, Religion und Geschlecht richtet.“

Fairness bedeutet Einhaltung von vereinbarten Regeln, Verzicht auf unberechtigte Vorteile, Chancengleichheit, rücksichtsvolles Verhalten, Achtung des sportlichen Gegners und Akzeptanz des Anderen. Fairness als sportliche und moralische Grundhaltung ist in der heutigen Welt bedroht, nicht nur im Sport, sondern auch in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Gleichzeitig bieten die Regeln der Fairness nachvollziehbare Möglichkeiten für eine Orientierung in einer Welt voller Konkurrenz.

[Uli Jäger, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V.]

Weitere Abschnitte im Rahmen von Grundkurs 5 beschäftigen sich vertiefend mit folgenden Themenbereichen:

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Fair Play - Definitionen, Grundsätze, Regeln und Fair Trade

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Sport und Gewaltprävention: Mediation im Fußball etc.

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Praxisbeispiele: Mitternachts-Basketball, Straßenfußball für den Frieden etc.

 

„Leibeserziehung und Sport sollen die Verständigung zwischen Völkern und Einzelpersonen fördern und zu uneigennützigem Wettstreit, Solidarität, Brüderlichkeit, gegenseitiger Achtung und Anerkennung der unantastbaren Würde aller Menschen führen.“ [Internationale Charta für Leibeserziehung und Sport der UNESCO, 1978]

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