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Friedenspädagogik

"Twic Olympics" - Olympische Spiele im Kriegsgebiet

„Sport for Peace and Development – A win-win for every child“ – So lautet das Motto für ungewöhnliche Olympische Spiele. Bereits zum vierten Mal trafen sich im Februar 2004 Jugendliche im sudanesischen Pannyok zu den „Twic Olympics“ mitten in den Wirren eines Bürgerkrieges. Acuil Banggol ist Leiter der Organisation SUPRAID und verantwortlich für die Spiele.

Acuil, uns interessiert die Geschichte der Twic-Olympics. Bitte berichten Sie uns doch kurz die Hintergründe für dieses ungewöhnliche Sportereignis!

Die sechs Bezirke der Twic-Region haben eine sehr konfliktträchtige Vergangenheit, in der es oft zu blutigen Auseinandersetzungen kam. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, solche Auseinandersetzungen in sportliche und faire Aktivität umzuwandeln. Unsere Hoffnung war es von Beginn an, dass die Jugendlichen es vorziehen würden, Wettkämpfe im Spiel auszutragen, anstatt sich von den Kriegsparteien zur gegenseitigen Bekämpfung ausnutzen zu lassen.

Warum haben Sie gerade den Sport ausgewählt, um junge Menschen zusammenzubringen und einen Beitrag zur Versöhnung zu leisten?

Sportliche Aktivitäten schaffen die besten Voraussetzungen, um Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Disziplin oder Teamwork positiv zu fördern. Es geht um einen fairen Wettkampf, an dessen Ende der Verlierer dem Gewinner gratuliert! Auch Organisationstalent und Teamgeist werden gefördert. Als Basketballspieler mit internationaler Erfahrung habe ich gelernt, dass es Kooperation erfordert, um ein Spiel gewinnen zu können und sich als wertvolles Mitglied einer Mannschaft auszuzeichnen.

Acuil, wie werden die Spiele organisiert und wer nimmt daran teil?

Insgesamt hat Twic County eine Einwohnerzahl von über 500.000 Menschen. Die Spiele werden von sechs sogenannten Payams, den Gemeinden bzw. Verwaltungseinheiten der SPLM (Sudan Peoples Liberation Movement), organisiert. Dank des gelieferten Getreides im Rahmen des World Food Program (WFP) können die Teilnehmer mit Essensrationen versorgt werden. Alle Kommunen sowie vor allem die Gastgeber versorgen die Sportler zudem mit Schlachtvieh. Den Gastmannschaften werden Übernachtungsplätze angeboten. Mit Hilfe dieser Unterstützung können sich die Gäste nun eigenständig versorgen. Die Heimreise nach den Spielen wird zu Fuß angetreten, wobei Strecken von über 60 Kilometern keine Seltenheit sind. Dabei müssen auch Flüsse durchquert werden.

Aus welchen Sportarten bestehen die Spiele und wer nimmt daran teil?

Bei den Spielen 2004 werden mehrere Disziplinen ausgetragen: Leichtathletik (1500 m, 800 m, 200 m, 100 m, 4 x 100 m-Staffel, 4 x 400 m-Staffel und Weitsprung), Fußball, Volleyball, Tauziehen und Speerwerfen. Mit eingeschlossen werden auch kulturelle Tänze und Gesang.

Die Teilnehmer sind in zwei Altersklassen unterteilt: Über 14-jährige samt Erwachsene sowie Kinder bis 14 Jahre. In beiden Kategorien sind sowohl männliche als auch weibliche Teilnehmer vertreten. Die Teilnahme von Sportlerinnen wird bei der Ermittlung des Gesamtsiegers der teilnehmenden Payams berücksichtigt. Ein Payam mit einer besonders großen Zahl an Teilnehmerinnen bekommt Extrapunkte.

Wie viele Menschen nehmen an den Spielen teil?

Die Schätzungen der Teilnehmerzahlen belaufen sich auf ungefähr 3.000 von denen 2.000 durchgehend in den Camps übernachten und an den Spielen teilnehmen. Aufgrund des Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten sowie der knappen finanziellen Mittel ist es für die Zuschauer, die von weiter entfernten Bezirken kommen, schwierig, länger als einen Tag zu bleiben.

Was haben Sie mit der Durchführung der Spiele bislang erreicht? Was sind ihre schönsten Erfolge?

Es entstehen neue soziale Kontakte zwischen den Jugendlichen, gegenseitiger Respekt, ein Stück Lebensfreude wird geschenkt. Jugendliche, Angehörige, Betreuer und religiöse und lokale Würdenträger kommen zusammen, um ihre Teams zu unterstützen. Dieses Sportevent ist ein Magnet für alle Bevölkerungsschichten und wird auch als Forum genutzt, Dialoge über wirtschaftliche Entwicklung, Versöhnung, soziale Probleme und Krankheiten wie AIDS zu führen. Die ganze Region freut sich immer sehr auf das jährliche Event, das für viele inmitten ständiger Konflikte ein Stück Hoffnung auf bessere Zeiten bedeutet. Inzwischen entsteht jedes Jahr ein echter Wettbewerb darum, welcher Payam die Twic Olympics als nächstes austragen darf.

Wie kann man Ihnen bei Ihrer Arbeit helfen?

Unserer Organisation fehlen die Einrichtungen vor Ort, um unsere Mitarbeiter näher an das Projekt zu bringen. Es ist schwierig, die Verbreitung des Projektes und die Vorteile, die es mit sich bringt, zu intensivieren. Schließlich mangelt es uns natürlich an Ressourcen und vor allem weiterhin an Sportgeräten und Ausrüstung. Den Jugendlichen sollte die Chance geboten werden, die echten Olympischen Spiele in Athen im Fernsehen via Satelit und Solarenergie zu sehen. Eine weitere Form der Unterstützung wäre ein Austauschprogramm für Jugendliche! So könnten Jugendliche aus Deutschland Twic-County besuchen und die heimischen Jugendlichen trainieren und unterstützen!

Wie lautet Ihre Botschaft an Jugendliche in Deutschland?

Allen Kindern eine gerechte Behandlung und Solidarität, heute – für eine friedlichere Welt morgen!

[Brot für die Welt / Nationales Olympisches Komitee / Deutsche UNESCO-Kommission (Hg.): Fair Play for Fair Life 2004, Stuttgart 2004]

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