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Die Finanzkrise der Vereinten Nationen
Die Finanzen der
Weltorganisation speisen sich aus drei Quellen:
| Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten zum
ordentlichen Haushalt, |
| Pflichtbeiträge für Friedensmissionen
und die beiden Straftribunale (Jugoslawien, Ruanda), |
| Freiwillige Beitragsleistungen an
Spezialorgane und Programme. |
Finanzierung des ordentlichen Haushalts
Die UN-Charta enthält keinen
Verteilungsschlüssel für Beitragsleistungen, Artikel 17 schreibt lediglich vor:
"Die Ausgaben der Vereinten Nationen werden von den Mitgliedern nach einem von
der
Generalversammlung festzusetzenden Verteilungsschlüssel getragen." In der
Praxis "ermittelt der ... Beitragsausschuss mit Hilfe eines komplexen Schlüssels
für jeweils drei Jahre die Beitragshöhe jedes einzelnen Landes zum regulären
Haushalt der Vereinten Nationen.
Bemessungsgrundlage ist in erster Linie das Bruttosozialprodukt der
zurückliegenden sechs Jahre. Ländern mit unterdurchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen
und solchen mit hoher Schuldendienstrate werden Nachlässe auf die Zahlungen
gewährt. Aus den so errechneten Beitragssätzen wird der ordentliche Haushalt der
Vereinten Nationen bestritten, der jedoch nur etwa 40 Prozent aller Ausgaben
ausmacht. Der ordentliche Haushalt für 2000/01 beträgt 2,535 Mrd. US-Dollar."
[aus: Auswärtiges Amt, ABC der Vereinten Nationen, Berlin 2000, S. 33]
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Beiträge zum ordentlichen UN-Haushalt (in Prozent) |
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1998 |
2000 |
USA |
25,00 |
25,00 |
Japan |
17,98 |
20,57 |
Deutschland |
9,63 |
9,86 |
Frankreich |
6,49 |
6,55 |
Italien |
5,39 |
5,44 |
Großbritannien |
5,08 |
5,09 |
Russland |
2,87 |
1,08 |
Kanada |
2,83 |
2,73 |
Spanien |
2,57 |
2,59 |
Niederlande |
1,62 |
1,63 |
Brasilien |
1,51 |
1,47 |
Australien |
1,47 |
1,48 |
Schweden |
1,10 |
1,08 |
Belgien |
1,10 |
1,10 |
Übrige Staaten |
15,36 |
14,33 |
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Der ordentliche Haushalt umfasst im
wesentlichen die Kosten für die Infrastruktur der Vereinten Nationen und die
Personalkosten. Die operativen Aufgaben, etwa die Aktivitäten in der
Entwicklungszusammenarbeit oder der humanitären Hilfe, werden durch freiwillige
Leistungen der Mitgliedstaaten finanziert (s.u.).
Finanzierung der Friedensoperationen und der
Internationalen Strafgerichtshöfe
"Die friedenserhaltenden Operationen der Vereinten Nationen werden durch eine
besondere Kostenumlage finanziert. Auch hier werden Pflichtbeiträge aller
Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zugrundegelegt, wobei die ständigen
Sicherheitsratmitglieder aufgrund ihrer besonderen Verantwortung für den Frieden
und die Sicherheit mit Aufschlägen belegt werden (...).
Die Internationalen Strafgerichtshöfe für Ruanda und das ehemalige Jugoslawien
haben jeweils einen eigenen Haushalt und werden über einen besonderen
Beitragsschlüssel finanziert. Dieser orientiert sich zu 50 Prozent am regulären
Haushalt und zu 50 Prozent am Haushalt der friedenserhaltenden Operationen. Der
Gesamthaushalt der internationalen Tribunale ... betrug 2000 nahezu 176 Mio.
US-Dollar."
[aus: Auswärtiges Amt, ABC der Vereinten Nationen, Berlin 2000, S. 34]
Finanzierung der operativen Aufgaben
Die Beiträge zu den
Spezialorganen, Programmen und Fonds der Vereinten Nationen, die deutlich
höher sind als der ordentliche Haushalt, sind freiwillig und liegen im Ermessen
der Mitgliedstaaten.
Übersicht über die Ausgaben des Systems der Vereinten Nationen (in Mio.
US-Dollar)
Jahr |
UN-Haushalt |
Peace-keeping |
Spezial-organe |
Sonderorga-nisationen |
freiwillige Beiträge |
Gesamt-ausgaben |
1986 |
725 |
242 |
1.142 |
3.075 |
951 |
6.135 |
1987 |
725 |
240 |
1.178 |
3.266 |
931 |
6.340 |
1988 |
752 |
266 |
1.349 |
3.868 |
1.129 |
7.364 |
1989 |
765 |
635 |
1.359 |
4.078 |
1.182 |
8.019 |
1990 |
838 |
379 |
1.495 |
4.436 |
1.346 |
8.494 |
1991 |
999 |
449 |
1.509 |
5.401 |
1.360 |
9.718 |
1992 |
1.008 |
1.697 |
1.731 |
5.888 |
1.271 |
11.595 |
1993 |
1.031 |
3.005 |
1.713 |
6.091 |
1.216 |
13.056 |
1994 |
1.087 |
3.357 |
1.826 |
5.967 |
1.126 |
13.363 |
1995 |
1.181 |
3.281 |
1.847 |
5.778 |
1.159 |
13.246 |
1996 |
1.112 |
1.522 |
2.057 |
5.009 |
1.045 |
10.745 |
1997 |
1.112 |
1.226 |
2.033 |
4.936 |
1.057 |
10.364 |
1998 |
1.265 |
907 |
1.866 |
-- |
-- |
-- |
1999 |
1.265 |
1.110 |
1.792 |
-- |
-- |
-- |
2000 |
1.267 |
1.800 |
1.766 |
-- |
-- |
-- |
[aus: Sven Gareis/Johannes
Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen;
Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S.
66]
Ursachen für die Finanzkrise
Nachdem es freiwillige Beiträge und Pflichtbeiträge gibt, würde man vermuten,
dass die Ursachen für die dauerhaften finanziellen Probleme der Vereinten
Nationen darin zu suchen sind, dass die Mitgliedstaaten ihren freiwilligen
Beitragsleistungen in zu geringem Umfang nachkommen. Das ist nicht der Fall. Die
Probleme treten bei den Pflichtbeiträgen auf, und zwar sowohl bei den Beiträgen
zum ordentlichen Haushalt als auch zu den Friedensmissionen. Das Zusammenspiel
mehrerer Faktoren verursacht die Finanzkrise der Weltorganisation:
| "mangelhafte Zahlungsmoral einiger
Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, darunter sehr bedeutende
Beitragsschuldner wie z.B. die USA, |
| Zahlungsunvermögen von Staaten, die durch
das überkommene Beitragssystem unangemessen belastet werden, was vor allem die
Nachfolgestaaten der Sowjetunion betrifft, |
| ungerechtfertigte Begünstigung von Staaten,
die durch das bisherige Beitragssystem nicht entsprechend ihrer ökonomischen
Leistungsfähigkeit herangezogen werden, |
| unbefriedigendes Ressourcenmanagement im
Sekretariat der
Vereinten Nationen, |
| schwerfällige administrative Abläufe."
[aus: Auswärtiges Amt, ABC der Vereinten Nationen, Berlin 2000, S. 34] |
Hier zeigt sich der enge Zusammenhang zwischen
den verschiedenen Problemen der Vereinten Nationen, die im Rahmen dieses
Grundkurses 5 angesprochen werden, besonders augenfällig: Die mangelnde
Effizienz der Arbeit verschärft die
Finanzkrise doppelt - zum einen unmittelbar durch Mehrkosten, zum zweiten
mittelbar dadurch, dass hierin wiederum eine Ursache dafür zu sehen ist, dass
beispielsweise die USA nicht bereit sind, ihren Beitragsverpflichtungen im
voller Höhe nachzukommen.
"Für eine
tragfähige und dauerhafte Lösung dieser Krise ist es notwendig, den
mittlerweile auf rund 2,6 Mrd. US-Dollar angewachsenen Schuldenberg
abzubauen und die Beitragsskala, nach der die Staaten zu ihren
Pflichtzahlungen an die Vereinten Nationen veranlagt werden, logischer und
gerechter zu gestalten (...).
Eine langfristige Lösung scheitert jedoch insbesondere an der Haltung der
USA, die größter Schuldner der Vereinten Nationen sind. Die USA machen die
Begleichung ihrer Außenstände davon abhängig, dass ihr Beitragssatz
verringert wird, was dem Prinzip der Leistungsfähigkeit ... zuwiderlaufen
würde (...).
Die meisten Entwicklungsländer vertreten demgegenüber die Haltung, eine
Veränderung der Beitragsskala als zentrales Element einer grundlegenden
Finanzreform sei nicht erforderlich, da die Finanzkrise der Vereinten
Nationen einzig auf die mangelnde Zahlungsmoral einiger großer
Beitragszahler zurückzuführen sei."
[aus: Auswärtiges Amt, ABC der Vereinten Nationen, Berlin 2000, S. 34-35]
Festzuhalten bleibt, dass Finanzkrisen die Arbeit der Vereinten Nationen
seit den 1960er Jahren als ständige Begleiterscheinung behindern. "Eine
grundlegende Finanzreform der Vereinten Nationen steht aus, Vorschläge, die
der Generalsekretär im Rahmen seines Reformprogramms 1997 gemacht hat,
wurden bislang nicht umgesetzt. Mit der Neujustierung der Beitragsskala im
Dezember 2000 ... konnte ein jahrelanger Streit mit den USA zwar vorläufig
beigelegt werden, das Grundproblem der Abhängigkeit der Organisation von
ihren potenten Beitragszahlern und deren Zahlungsbereitschaft indes nicht
gelöst werden."
[aus: Sven Gareis/Johannes
Varwick, Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen;
Bundeszentrale für politische Bildung Schriftenreihe Band 403, Bonn 2003, S.
65-66] |
Beitragssatz zum ordentlichen UN-Haushalt seit 2002 (in Prozent) |
USA |
22,00 |
Japan |
19,67 |
Deutschland |
9,85 |
Frankreich |
6,52 |
Großbritannien |
5,58 |
Italien |
5,10 |
Kanada |
2,58 |
Spanien |
2,54 |
Brasilien |
2,09 |
Republik Korea |
1,87 |
Niederlande |
1,75 |
Australien |
1,64 |
China |
1,55 |
Russland |
1,20 |
Argentinien |
1,16 |
Belgien |
1,14 |
Mexiko |
1,10 |
Schweden |
1,04 |
Übrige Staaten |
12,66 |
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Weitere Seiten zu den Problemen der
Vereinten Nationen
|
FINANZEN: Die Finanzkrise der Vereinten
Nationen
|
|
FRIEDEN: Die Krise der Friedenssicherung
durch die Vereinten Nationen |
|
|
EFFIZIENZ: Die Probleme mit Koordinierung
und Effizienz der Arbeit
|
|
REFORM: Grundlegende Reformvorhaben und die
Probleme der Umsetzung |
|
[Autor: Ragnar Müller]
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