Inhaltsverzeichnis
Themen des
Online-Lehrbuchs zur EU:
Einleitung
Bedeutung der EU
Was ist die EU?
EU-Entwicklung
EU-Institutionen
Rat der EU
Europäische Kommission
Europäisches Parlament
Gerichtshof
der EU
Europäischer
Rat
Nationale
Ebene
Zusammenspiel
EU-Internetrecherche
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EU-Institutionen
Nationale Ebene
Wenn vom Institutionengefüge der EU die Rede ist, dann beschränkt
sich das in den meisten Fällen darauf, die EU-Organe, ihre
Zusammensetzung und Aufgaben sowie die Aufgabenverteilung zwischen
ihnen anzusehen. Dass und warum diese Betrachtungsweise zu kurz
greift und einen falschen Eindruck von der Union ergibt, haben wir
bereits zu Beginn dieses Abschnitts
und im Abschnitt "Was ist die EU?"
erläutert.
Der Hauptgrund dafür ist, dass die supranationale, nationale und
subnationale Ebene so eng miteinander verflochten sind, dass sie
auch zwingend gemeinsam und ihrem Zusammenspiel analysiert werden
müssen. Aus diesem Grund findet in der wissenschaftlichen Diskussion
auch der Begriff "EU-Mehrebenensystem" Verwendung. |
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Allerdings ist die Analyse der nationalen
Ebene mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, und zwar erstens
deswegen, weil es schwer fällt, präzise zu definieren, was denn
eigentlich die "nationale Ebene" umfasst, welche Strukturen, Akteure und
weiteren Bestimmungsfaktoren von Unionspolitik der Mitgliedstaaten hier
einbezogen werden müssen. Wir wollen und können ja schließlich nicht
jeweils das gesamte politische System jedes einzelnen Mitgliedstaats
untersuchen, sondern nur die Elemente, die an Entscheidungen der EU und
an der Durchführung von Unionspolitik beteiligt sind. Zweitens deswegen,
weil es darüber hinaus ja auch notwendig ist, diese Faktoren sinnvoll zu
systematisieren, damit schließlich drittens auch die wesentlichen
Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern erkennbar werden. Einen
Versuch, dieses Problem einigermaßen befriedigend zu lösen, zeigt das
nachfolgende Schaubild.
Um die Bestimmungsfaktoren systematisch zu erfassen, wurde zunächst eine
Trennung vorgenommen zwischen relativ stabilen, das heißt kaum oder nur
in einer langfristigen Perspektive veränderbaren Faktoren und solchen,
die kurzfristiger einem Wandel unterworfen sind. Wozu diese Einteilung? |
relativ stabile und relativ veränderbare Faktoren |
Sie hilft uns unter anderem, die Relevanz und Auswirkungen von
Determinanten zu beurteilen. Bei der EU-skeptischen Grundeinstellung in
Großbritannien beispielsweise handelt es sich um ein relativ stabiles
und deswegen sehr prägendes Element, das die EU-Politik dieses Landes
schon seit Jahrzehnten beeinflusst hat und diese auch in Zukunft
wesentlich bestimmen wird. Damit muss jede Initiative in der EU-Politik,
aber auch jede wissenschaftliche Einschätzung und Prognose rechnen.
Die Zusammensetzung der Regierung eines Mitgliedstaats dagegen wechselt
häufiger (relativ veränderbar) und kann, wenn sich etwa deren
parteipolitische Richtung ändert, Optionen für bestimmte Maßnahmen im
ökonomischen Bereich eröffnen oder auch verstellen. |
länderspezifische und bereichsspezifische Faktoren |
Und was hat es mit der zweiten Einteilung in länder- und
politikbereichsspezifische Faktoren auf sich? Denken Sie erstens an
unsere Erkenntnisse zur supranationalen Ebene, wo wir ja festgestellt
haben, dass ein hohes Maß an funktionaler Differenzierung vorhanden ist,
also die Politikfelddimension enorme Bedeutung besitzt. Denken Sie
zweitens an die beträchtlichen Unterschiede, die sich in einzelnen
Mitgliedstaaten zwischen verschiedenen Bereichen beobachten lassen. So
können etwa die Akteursbeziehungen in der Agrarpolitik völlig anders
aussehen als in der Umweltpolitik. Außerdem finden Sie bei der
Agrarpolitik in der Regel eine ganz andere "Ideologie" vor, wenn —
ungeachtet einer ansonsten marktwirtschaftlich ausgerichteten Politik —
massive Interventionen des Staates akzeptiert und praktiziert werden.
Was bedeutet das übertragen auf die Union? Es heißt, dass selbst wenn
länderspezifische Faktoren sich sehr stark unterscheiden, doch in
einzelnen Feldern ein höheres Maß an Übereinstimmung vorhanden sein kann,
das die Kooperation erleichtern oder überhaupt erst möglich machen kann.
Ein Beispiel für ein hohes Maß an politikfeldspezifischer
Übereinstimmung — im Sinne der Akzeptanz für massive Eingriffe des
Staates — finden Sie etwa in der Gemeinsamen Agrarpolitik, die nicht
zuletzt deswegen schon von Beginn an in die Zusammenarbeit einbezogen
war und einen stark supranationalen Charakter aufweist. Ein gutes
Beispiel für ein relativ hohes Maß an politikfeldspezifischen
Unterschieden stellt die Sozialpolitik dar; hier hat die Kooperation
erst Ende der 1980er Jahre richtig eingesetzt und weist einen nach wie
vor deutlich zwischenstaatlich geprägten Charakter auf. |
EU-Entscheidungssystem |
Die Bestimmungsfaktoren im Überblick
Relativ stabile länderspezifische Faktoren
Was das EU-Entscheidungssystem in den Mitgliedstaaten angeht, so sind
vor allem drei Dimensionen von Bedeutung, bei denen erhebliche
Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. Dabei handelt es
sich um:
-
Die Aufgabenverteilung zwischen Exekutive und Legislative. Hier ist etwa
für Frankreich eine schwache, für Dänemark eine starke Einflussnahme des
Parlaments festzustellen. Eine starke Einflussnahme, die natürlich vor
dem Hintergrund der eher EU-skeptisch eingestellten dänischen
Bevölkerung und vor allem dann, wenn einstimmig entschieden werden muss,
weitreichende Auswirkungen für die Politik und Entwicklung der EU haben
kann. Ungeachtet dieser Unterschiede werden allerdings die Bestimmungen
des Lissaboner Vertrags zur Einbeziehung der nationalen Parlamente in
den Entscheidungsprozess, die wir im
Abschnitt zum Lissaboner Vertrag
vorstellen, deren Rolle insgesamt stärken.
-
Das Ausmaß an Koordinierung von EU-Politik.
Hier stellte lange Zeit Frankreich mit seiner sehr straffen,
zentralisierten Abstimmung aller EU-politischen Aktivitäten das eine,
Deutschland mit einem hohen Maß an Autonomie der einzelnen Ministerien
sowie zusätzlicher Fragmentierung durch die bundesstaatliche Ordnung das
andere Extrem dar. In den letzten Jahren ist allerdings ein allgemeiner
Trend weg von übergreifender Koordinierung hin zu immer mehr
Selbständigkeit der Akteure in den einzelnen Politikbereichen zu
beobachten. EU-Politik verliert im Alltag in den Mitgliedstaaten immer
mehr den Charakter von "Außenpolitik".
-
Das Verhältnis von nationaler und
subnationaler Ebene. Wie wichtig dieser Aspekt ist, zeigt beispielhaft
die Situation in Deutschland mit seiner bundesstaatlichen Ordnung, in
deren Rahmen die Bundesländer seit dem Maastrichter Vertrag und der
damit verbundenen Einfügung des neuen Artikels 23 in das deutsche
Grundgesetz EU-Politik stark beeinflussen können. Auch hier zeigt sich
ein fundamentaler Unterschied zu normaler Außenpolitik.
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unterschiedliche Grundeinstellungen zur EU |
Wie unterschiedlich die Grundeinstellungen - das heißt die Vorstellungen
zur institutionellen Ausgestaltung der Zusammenarbeit in der EU auf
einem Kontinuum zwischen ausgeprägter Supranationalität und
Zwischenstaatlichkeit - sein können, zeigt beispielhaft ein Vergleich
zwischen Großbritannien und Dänemark auf der einen, Deutschland und
Italien auf der anderen Seite. Diese Unterschiede spielen natürlich ganz
besonders bei grundsätzlichen Fragen und Vertragsrevisionen eine
wichtige Rolle und haben seit der Erweiterung 2004/07 um 12
Mitgliedstaaten noch einmal erheblich zugenommen.
So weit zu einigen der zentralen relativ stabilen länderspezifischen
Faktoren. Auf die allgemeinen Systemcharakteristika der Mitgliedstaaten
brauchen wir nicht näher einzugehen. Dazu zählen unter anderem die
verfassungsrechtlichen Vorgaben, die Strukturen und der institutionelle
Rahmen, die politische Kultur sowie ordnungspolitische Orientierungen.
Von Bedeutung sind weiterhin die diesbezüglichen Unterschiede zwischen
den Mitgliedstaaten und die damit verbundenen Auswirkungen. Wichtig ist
in diesem Zusammenhang insbesondere die Feststellung, dass sich die zum
Teil gravierenden Unterschiede, etwa in ordnungspolitischen Fragen, im
Verlauf der Zusammenarbeit verringert haben, und dass es zu einer
Annäherung zumindest einer Reihe von Mitgliedstaaten gekommen ist, die
ein Projekt wie die Währungsunion überhaupt erst möglich gemacht hat. |
Akteursbeziehungen in einzelnen Politikfeldern
bereichsspezifische Ideologien |
Relativ stabile bereichsspezifische Faktoren
Auch bei den relativ stabilen bereichsspezifischen Faktoren können wir
uns kurz fassen. Die Vergleichende Systemforschung hat sich seit Beginn
der 1990er Jahre intensiv mit den Beziehungen zwischen Akteuren in
einzelnen Politikfeldern, den Policy-Netzwerken, beschäftigt und
festgestellt, dass diese die Politikproduktion in ihrem jeweiligen
Bereich — und das heißt auch die EU-bezogene Politik — ganz wesentlich
beeinflussen. Ob und inwieweit es zu EU-Politik in einem Politikfeld
kommt und wie diese konkret aussieht, hängt somit ganz wesentlich von
der Kompatibilität der Policy-Netzwerke in den Mitgliedstaaten ab.
Bereichsspezifische Ideologien — also grundsätzliche Vorstellungen dazu,
wie Politik in einem Bereich aussehen soll — sind insofern von Bedeutung,
als ihre Übereinstimmung in den Mitgliedstaaten Anknüpfungspunkte für
eine Kooperation schaffen und diese trotz gravierender Unterschiede in
den länderspezifischen Faktoren, beispielsweise bei den
Grundeinstellungen zur EU, ermöglichen kann. Beispiele wären die
Agrarpolitik, aber auch das Binnenmarktprojekt, bei dem Großbritannien
trotz der unerwünschten, damit verbundenen Aufhebung der Einstimmigkeit
bereit war mitzumachen, weil sich die Ideologie des Projekts — freie
Marktwirtschaft und Wettbewerb im allgemeinen, Deregulierung im
Besonderen — mit den britischen Vorstellungen deckten.
Relativ veränderbare länder- und bereichsspezifische Faktoren
Damit kommen wir abschließend zu den relativ veränderbaren Faktoren. Sie
bedürfen kaum der näheren Erläuterung. Dass Regierungen unterschiedliche
Vorstellungen zur Europapolitik haben können, dass sie auf aktuelle
Stimmungen und Meinungen, die ökonomische Situation und Problemdruck
reagieren und dies auch über die Verzahnung zwischen den Ebenen und die
Entscheidungsmodi EU-Politik beeinflusst, haben beispielsweise die
Regierungswechsel in Großbritannien, Frankreich oder Deutschland in der
zweiten Hälfte der 1990er Jahre eindringlich belegt. |
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zum Zusammenspiel des EU-Institutionengefüges
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